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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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 Ausgabe 1 (2004)

Dermopharmazie aktuell
GD-Symposium zur Gesundheitsökonomie

Die Dermatologie leidet unter dem GMG


In ihrem Symposium „Gesundheitsökonomie in der Dermatologie" im Rahmen der 8. GD-Jahrestagung am 30. März 2004 in Halle an der Saale thematisierte die GD-Fachgruppe Dermatotherapie sowohl aktuelle ökonomische Fragen zur Umsetzung des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) als auch wissenschaftliche Aspekte zu Methoden der Pharmakoökonomie. Dabei wurde deutlich, dass die Dermatologie von der jüngsten Gesundheitsreform besonders stark betroffen ist. Das Symposium wurde vom Leiter der Fachgruppe Privatdozent Dr. med. Matthias Augustin, Freiburg, und von Professor Dr. Dr. med. Reinhard Rychlik, Burscheid, moderiert.
Nach Einschätzung von Dr. Augustin ist der Wegfall der Erstattungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittelder wichtigste Aspekt des GMG für die Dermatologie. Von der Neuregelung seien mehr als die Hälfte aller dermatologischen Präparate und Wirkstoffe betroffen. Anstelle der vom Gesetzgeber erhofften Einsparungen sei in der Dermatotherapie mit einer Kostenzunahme zu rechnen, wenn mehr als 30 Prozent der bisherigen Verordnungen durch verschreibungspflichtige Arzneimittel substituiert würden oder mehr als 35 Prozent der bisher verordneten Arzneimittel nun nicht mehr zum Einsatz kämen. Die seit dem 1. April 2004 gültige Ausnahmeliste dürfte dies kaum abmildern, weil sie im Gegensatz zu früheren Entwürfen nur sehr wenige Dermatika enthält.

Zusätzliche Belastungen
für chronisch Hautkranke

Verschärfend komme hinzu, dass chronisch hautkranke Patienten auch ohne den jetzt notwendigen Selbstkauf rezeptfreier Arzneimittel bereits starken finanziellen Belastungen ausgesetzt sind. Wie Augustin errechnete, haben zum Beispiel Neurodermitis-Patienten je nach Schweregrad jährlich 225 bis 1.250 Euro und Psoriasis-Patienten jährlich 145 bis 750 Euro an Eigenleistungen für selbst bezahlte Pflegemittel, spezielle Kleidung, Ernährung, Fahrtkosten und Zuzahlungen für Therapien aufzubringen. Angesichts dieser Belastungen werde ein Großteil der Patienten deshalb nicht bereit oder wirtschaftlich nicht in der Lage sein, jetzt auch noch sämtliche rezeptfreien Arzneimittel aus eigener Tasche zu bezahlen.


Interdisziplinärer Gedankenaustausch zwischen Hautarzt und Apotheker: Privatdozent Dr. med. Matthias Augustin (rechts), Leiter der GD-Fachgruppe Dermatotherapie und Moderator des Symposiums, informierte den GD-Vorsitzenden Dr. Joachim Kresken über seine bisherigen Erfahrungen mit dem GMG.

Um das Risiko der Nichtanwendung dieser Arzneimittel abzuschwächen, empfahlen sowohl Augustin als auch der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken, Viersen, die Nutzung des neuen grünen Rezeptformulars. Damit signalisiere der Arzt, dass er das betreffende Arzneimittel für therapeutisch notwendig hält und nach den alten Regeln zu Lasten der GKV verordnet hätte. In seiner Apotheke hat Kresken die Erfahrung gemacht, dass das grüne Rezept insbesondere bei Verordnungen von Arzneimitteln, die unter zehn Euro kosten, von immer mehr Patienten akzeptiert und auch eingelöst wird.

Weiterhin sprach Kresken einige Punkte an, auf die er bereits vor Inkrafttreten des GMG in einem Beitrag in DermoTopics Nr. 2/2003 hingewiesen hatte. So warnte er vor medizinisch nicht begründeten Substitutionen durch teurere verschreibungspflichtige Arzneimittel, da dies als Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot betrachtet werden könne. Außerdem erinnerte er daran, dass die Neuregelungen zur Erstattungsfähigkeit nicht nur für Fertigarzneimittel, sondern in gleichem Maße auch für Rezepturen gelten.

Drohender Kostenanstieg
in der Dermatotherapie

Karlheinz Adler, Reinbek, erwartet in Zukunft einen Anstieg der Therapiekosten in der Dermatologie. Wie er in seiner Funktion als Sprecher der dermatologisch orientierten pharmazeutischen Industrie erklärte, sei hierfür die mit dem GMG geänderte Arzneimittel-Preisverodnung verantwortlich. Sie habe dazu geführt, dass viele eher niedrigpreisige verschreibungspflichtige Dermatika wesentlich teurer geworden sind. Damit unterscheide sich die Dermatologie von Fachgebieten, in denen deutlich mehr hochpreisige Arzneimittel zum Einsatz kommen. Außerdem würden durch die vermehrte Tätigkeit der Hausärzte in Zukunft vorrangig die teuren Fälle bei den Hautärzten behandelt. Die Hautärzte würden daher kollektiv ihre Richtgrößen überschreiten, die daraufhin angepasst werden müssten.

Besonders scharf kritisierte Adler das Zustandekommen der seit dem 1. April 2004 gültigen Ausnahmeliste. Die im Dezember veröffentlichte Version der Liste sei Gegenstand einer Anhörung gewesen, doch seien danach noch Arzneimittel von der Liste entfernt worden, zu denen sich die betroffenen Firmen nicht mehr hätten äußern können. So sei das Recht auf Stellungnahme ausgehöhlt worden.

Nutzenbewertung von
Arzneimitteln

Eher methodische Fragen wirft eine andere Neuerung auf, die Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Professor Dr. Dr. med. Reinhard Rychlik vom Institut für empirische Gesundheitsökonomie in Burscheid stellte die Situation im internationalen Vergleich dar. Im Rahmen der so genannten vierten Hürde werden in vielen Ländern Kosten-Nutzen-Vergleiche angestellt, das heißt, dass zusätzlich zur arzneimittelrechtlichen Zulassung eine weitere Instanz über die Erstattungsfähigkeit entscheidet. Dabei wird das neue Arzneimittel mit einer gängigen Standardtherapie verglichen, wobei zwangsläufig individuelle Aspekte des Nutzens bei einzelnen Patienten unberücksichtigt bleiben.


Professor Dr. Dr. med. Reinhard Rychlik vom Institut für empirische Gesundheitsökonomie in Burscheid referierte über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln in Deutschland und in der EU.

Im internationalen Vergleich verwundere die im GMG vorgesehene Einteilung der Arzneimittel anhand der Wirkprinzipien, die keine Beziehung zu den Kosten haben. Doch biete auch das GMG noch Gestaltungsspielraum, beispielsweise bezüglich der Indikatoren für die Nutzenmessung, für die Zufriedenheit der Patienten und das Vertrauen der Patienten in die Therapie. Angesichts der vielen offenen Fragen sollten sich die Fachgesellschaften in die anstehende Diskussion aktiv einbringen.

Methodik von Studien
zur Pharmakoökonomie

In weiteren Vorträgen wurden einzelne pharmakoökonomische Methoden und die Möglichkeiten ihrer praktischen Anwendung vorgestellt. Dr. med. Christina Rogalski, Leipzig, erläuterte Standards für die Durchführung pharmakoökonomischer Studien, die in der Praxis leider noch zu wenig beachtet würden. Dr. Birgit Ehlken, München, stellte die Methodik und Anwendungsbeispiele von Krankheitskosten-Studien vor. Solche Studien bieten Entscheidungsträgern Anhaltspunkte darüber, welche Ressourcen eine Erkrankung verbraucht und in welchen Bereichen des Gesundheitswesens sie die meisten Kosten verursacht.

Dr. med. Andrea Schlöbe, Freiburg, führte Anwendungsbeispiele für die Outcomes-Forschung bei der Psoriasis vor. Dabei dominiert der PASI-Score als Zielkriterium, der aber bisher erstaunlicherweise nicht validiert wurde. Untersuchungen zur Pharmakoökonomie chronischer Wunden präsentierte Dr. med. Kristina Maier, Freiburg. Da hiervon in Deutschland etwa 2,8 Millionen Patienten betroffen sind und die Behandlung oft langwierig ist, stellt diese Indikation einen wesentlichen Kostenfaktor in der Dermatologie dar. Diese Kosten würden jedoch im Rahmen der Krankenhaushonorierung durch DRGs nur unzureichend abgebildet, so dass den Krankenhäusern hier Mindererlöse von über 50 Prozent drohen. (tmb)

Parallel zum Symposium in Halle informierte die GD auch die Medien über die Einschnitte, die das GMG für Patienten mit chronischen Hautkrankheiten gebracht hat. Die herausgegebene Pressemitteilung mit dem Titel „Gesundheitsreform: Bittere Pillen für Hautpatienten" wurde unter der GD-Homepage (www.gd-online.de) archiviert.

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