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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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Titelfoto Ausgabe 1 (2016)

Dermatotherapie
Photodynamische Therapie mit 5-Aminolävulinsäure
Lipidhaltige Nanoemulsion verbessert die
Stabilität und die Penetration des Wirkstoffs


Bericht von Dr. Claudia Bruhn, Schmölln, und Dr. Joachim Kresken, Viersen

Die photodynamische Therapie (PDT) mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) beziehungsweise deren Methylester ist heute eine wichtige, in zahlreichen Leitlinien erwähnte Option für die First-Line-Therapie aktinischer Keratosen (AK). In Deutschland stehen für die PDT inzwischen drei zugelassene Fertigarzneimittel zur Verfügung, darunter auch eine zehnprozentige, als Gel klassifizierte lipid- haltige Nanoemulsion (Ameluz® 78 mg/g Gel). Eine galenische Besonderheit dieser Formulierung ist, dass 5-ALA sich an die Außenseite der durchschnittlich nur 16 Nanometer großen Vesikel anlagert und so länger stabil bleibt als in klassischen Grundlagen. Außerdem wird so die Penetration von 5-ALA in die Zielzellen verstärkt und damit die klinische Wirksamkeit erhöht. Letzteres wurde zum Beispiel in einer an 570 AK-Patienten durchgeführten Vergleichsstudie deutlich, bei der die Nanoemulsion signifikant besser wirksam war als eine doppelt so hoch dosierte Creme mit dem Methyl-ester von 5-ALA.


Das Management der AD war Thema eines Firmenseminars der LETI Pharma GmbH, Ismaning, anlässlich der 20. Jahrestagung der GD Gesellschaft für Dermopharmazie vom 14. bis 16. März 2016 in Berlin. Dort betonten die Dermatologen Professor Dr. Natalija Novak, Bonn, Professor Dr. Randolf Brehler, Münster, und Privatdozentin Dr. Petra Staubach, Mainz, die Wichtigkeit einer adäquaten Hautpflege für das Management der AD.

Hautpflege ist die Basis
jedweder Therapie

Die 5-ALA-haltige Nanoemulsion wurde von der in Leverkusen ansässigen Firma Biofrontera entwickelt und im Februar 2012 mit einer zentralisierten Zulassung für Europa auch in den deutschen Markt eingeführt. Mittlerweile wurde das Medikament auch in den USA zugelassen.

Über die pharmazeutischen Charakteristika der Zubereitung und die durchgeführten klinischen Studien informierte Professor Dr. Hermann Lübbert in einem Vortrag anlässlich der 20. GD-Jahrestagung vom 14. bis 16. März 2016 in Berlin. Lübbert ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Biofrontera AG.

In einem Vortrag im Rahmen der 20. GD-Jahrestagung stellte Professor Dr. Hermann Lübbert, der Gründer und Vorstandsvorsitzende der Biofrontera AG, die pharmazeutischen Charakteristika und klinischen Studien der von seiner Firma vermarkteten 5-ALA-haltigen Nanoemulsion vor.

Aktinische Keratosen sollten
frühzeitig behandelt werden


Lübbert machte deutlich, dass die traditionelle Vorstellung, nach der sich eine AK stets aus einer zunächst milden Form über mehrere Stadien zu einem Plattenepithelkarzinom entwickelt, heute nicht mehr haltbar ist. Erst kürzlich sei gezeigt worden, dass es zwischen dem klinischen Staging und dem histologischen Befund keine Korrelation gibt [1]. Eine AK könne durchaus auch schon in einem frühen klinischen Stadium in ein Karzinom übergehen.

Neueren Untersuchungen zufolge entwickeln sich etwa zwei Drittel aller Plattenepithelkarzinome aus aktinischen Keratosen des klinischen Stadiums I nach Olsen [2]. Daher sollten aktinische Keratosen so früh und so effektiv wie möglich behandelt werden. Konsens, so Lübbert, herrsche mittlerweile darüber, dass die Behandlung als Flächentherapie erfolgen sollte.

Die in Deutschland verfügbaren PDT-Medikamente sind derzeit jedoch noch nicht für die Flächentherapie von aktinischen Keratosen zugelassen. Für die 5-ALA-haltige Nanoemulsion liegt der europäischen Zulassungsbehörde EMA ein Antrag auf Indikationserweiterung vor. Bei Bewilligung des Antrags wäre die Nanoemulsion das erste PDT-Medikament, das für die Flächentherapie zugelassen ist. Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr gerechnet.

Das Prinzip der PDT ist schon sehr alt, es wurde um 1900 entwickelt. 5-ALA penetriert als Sensibilisator während der dreistündigen Einwirkzeit in die Zielzellen der Epidermis, wo sie insbesondere in Tumorzellen zum photoaktiven Protoporphyrin IX (PpIX) metabolisiert wird. Die anschließende zehnminütige Belichtung aktiviert PpIX und produziert in Gegenwart von Sauerstoff reaktive Sauerstoffspezies, die die Tumorzellen schädigen beziehungsweise zerstören.

Die 5-ALA-Nanoemulsion ist
sehr stabil und lange haltbar


Zu den besonderen Herausforderungen von 5-ALA-haltigen Zubereitungen zählen die Sicherung der Stabilität des Wirkstoffes im Vehikel sowie die Gewährleistung einer ausreichenden Wirkstoffpenetration in die Zielzellen. Beides ist, wie Lübbert deutlich machte, für die von seiner Firma vermarktete 5-ALA-Nanoemulsion gegeben.

Die hohe Stabilität der Zubereitung wird dadurch gewährleistet, dass die 5-ALA-Moleküle nicht-kovalent an der Außenseite der lipidhaltigen Nanovesikel gebunden und dadurch an einer Dimerisierung, dem ersten Abbauschritt des Wirkstoffes, gehindert werden. Ermöglicht wird dies durch die sehr große Oberfläche der kleinen Nanovesikel mit einem Durchmesser von durchschnittlich nur 16 Nanometern (siehe Abbildung).

Abbildung: Elektonenmikroskopische Bilder der von Biofrontera vermarkteten 5-ALA-haltigen Nanoemulsion in 250.000-facher (rechts) und in 1.200.000-facher Vergrößerung (links). Die lipidhaltigen Nanovesikel haben einen Durchmesser von durchschnittlich nur 16 Nanometern und bieten den 5-ALA-Molekülen damit eine große Oberfläche an, um sich an der Außenseite der Vesikel anlagern zu können.

Aufgrund der hohen Wirkstoffstabilität ist die Zubereitung relativ lange haltbar. In der Fachinformation wird eine Mindesthaltbarkeit von 18 Monaten für die ungeöffnete Tube beziehungsweise von 12 Wochen nach Anbruch angegeben. Die Lagerung muss im Kühlschrank bei 2-8°C erfolgen. Doch auch eine Lagerung von bis zu sechs Monaten bei Raumtemperatur führe nachweislich nicht zu einer Einschränkung der Effektivität, erklärte Lübbert.

Weitere Forschungsergebnisse aus dem Arbeitskreis von Professor Müller-Goymann stellten deren Doktorandinnen Anja Täuber und Julia Dietsch in Kurvorträgen zu ihren Postern mit den Titeln „Differential scanning calorimetry on human nail clippings, keratin films and bovine hoof plates – effect of formulation ingredients” beziehungsweise „Equilibrium Dialysis with various membranes for API transport studies” vor. Ihre Arbeiten wurden mit dem „Hans Christian Korting-Nachwuchspreis für Dermopharmazie“ ausgezeichnet.

Die spezielle Galenik steigert
die klinische Wirksamkeit


Durch die Anlagerung der 5-ALA-Moleküle an die Außenseite der Nanovesikel wird offensichtlich auch deren Pene-trationsfähigkeit in die Zielzellen erhöht. Dafür sprechen zum Beispiel die Ergebnisse einer an 570 AK-Patienten durchgeführten klinischen Studie, bei der die Nanoemulsion im direkten Vergleich signifikant besser wirksam war als eine doppelt so hoch dosierte Creme mit dem Methylester von 5-ALA [3, 4].

Als Grund für die hohe Effektivität der Nanoemulsion wird postuliert, dass die lipidhaltigen Nanovesikel während der Penetration mit den Membranen des Stratum corneum verschmelzen. Dadurch kommt es wahrscheinlich zu einer Veränderung der Beweglichkeit der Membranlipide, zu einer Erhöhung der Durchlässigkeit für wasserlösliche Moleküle und damit letztlich zu einer Verbesserung der Penetration und der klinischen Wirksamkeit.

Eine Überlegenheit der Nanoemulsion wurde auch in einer vor kurzem veröffentlichten In-vitro-Untersuchung gefunden [5]. Dort wurde in einem Modell mit aus Schlupflid-Operationen stammender menschlicher Haut gezeigt, dass 5-ALA aus der Nanoemulsion nach fünf und nach 12 Stunden signifikant schneller und tiefer in die Haut penetriert als aus einer doppelt so hoch konzentrierten 5-ALA-haltigen Rezeptur. Zudem war das Ausmaß der PpIX-Bildung im Vergleich zu der Rezeptur über den gesamten Bereich der Epidermis erhöht.

5-ALA-Rezepturarzneimittel
sind kritisch zu bewerten


Das schlechtere Abschneiden der Rezeptur in dieser Untersuchung nahm Lübbert zum Anlass, das in Deutschland nach wie vor hohe Aufkommen an 5-ALA-haltigen Rezepturarzneimitteln zu kritisieren. Nachdem es inzwischen drei zugelassene Fertigarzneimittel gebe, sei die Verwendung von 5-ALA-Rezepturen, für die keine klinischen Wirksamkeitsnachweise vorliegen, wissenschaftlich nicht mehr zu begründen. Dies gelte auch für Rezepturen, die sich ohne Stabilitätsprobleme herstellen ließen.

Lübberts Apell steht in Einklang mit der Empfehlung wissenschaftlicher Fachgesellschaften, so auch der Gesellschaft für Dermopharmazie, Rezeptur-arzneimittel nicht als Ersatz für zugelassene Fertigarzneimittel zu verwenden, sondern vorrangig, um Lücken im Fertigarzneimittelsortiment zu schließen. Womöglich ist dies auch der Grund dafür, warum im „Neuen Rezeptur Formularium“ (NRF) keine Vorschrift für eine 5-ALA-Rezeptur enthalten ist.

Ärzten und Apothekern rät Lübbert, bei Rezepturdiskussionen auch eine Resolution des Ministerrats der Europäischen Union aus dem Jahr 2011 zu beachten. Danach muss an Stelle einer Rezeptur ein äquivalentes, zugelassenes Fertigarzneimittel verwendet werden, wenn für die Rezeptur kein klinisch oder wissenschaftlich begründbarer Zusatznutzen vorliegt [6]. Obwohl die Resolution in Deutschland noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, könne sie haftungsrechtlich schon jetzt von Bedeutung sein.

Literatur


[1] Schmitz L, Kahl P, Majores M et al: Actinic keratosis – correlation between clinical and histological classification systems. J Eur Acad Dermatol Venerol 30 (2016) 1303-1307

[2] Fernández-Figueras MT, Carrato C, Sáenz X et al: Actinic keratosis with atypical basal cells (AK I) is the most common lesion associated with invasive squamous cell carcinoma of the skin. J Eur Acad Dermatol Venereol 29 (2015) 991-997

[3] Dirschka T, Radny P, Dominicus R et al: Photodynamic therapy with BF-200 ALA for the treatment of actinic keratosis – results of a multicentre, randomized, observer-blind phase III study in comparison with a registered methyl-5-aminolaevulinate cream and placebo. Br J Dermatol 166 (2012) 137-146

[4] Dirschka T, Radny P, Domi-nicus R et al: Long-term (6 and 12 months) follow-up of two prospective, randomized, controlled phase III trials of photodynamic therapy with BF-200 ALA and methyl aminolaevulinate for the treatment of actinic keratosis Br J Dermatol 168 (2013) 825-836

[5] Schmitz L, Novak B, Hoeh AK et al: Epidermal penetration and Protoporphyrin IX formati-on of two different 5-aminolevulinic acid formulations in ex vivo human skin. Photodiagnosis Photodyn Ther 14 (2016) 40-46 [6] Council of Ministers of the European Union: Resolution CM/ResAP(2011)1 on quality and safety assurance requirements for medicinal products prepared in pharmacies for the special needs of patients. www.edqm.eu/en/Quality-Safety-Standards-Recommendations-and-Resolutions-1588.html


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