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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 2 (2011)

Dermatotherapie

Fortschritte in der Hautkrebstherapie
15. GD-Jahrestagung informierte über neueste medikamentöse Behandlungsansätze

Bericht von Dr.Thomas Müller-Bohn, Süsel

Die Wahl des Tagungsortes der 15. GD-Jahrestagung in Vaals im deutsch-niederländisch-belgischen Dreiländereck unterstrich die Internationalität der Veranstaltung, wie der wissenschaftliche Tagungsleiter, Professor Dr. Hans Merk, Aachen, erklärte. Daher richtete die GD dort erstmals im Rahmen einer Jahrestagung zwei englischsprachige Symposien aus. In einem der beiden Symposien wurde über neueste Konzepte in der Dermatopharmakologie informiert. Dabei ging es neben anderen Themen auch um Fortschritte in der Hautkrebstherapie. Über einen möglichen künftigen Behandlungsansatz für das Basalzellkarzinom sprach der am weitesten angereiste Referent, Professor Dr. David R. Bickers, New York. Bereits Realität sind die großen Veränderungen in der Therapie des malignen Melanoms, die Professor Dr. Claus Garbe, Tübingen, vorstellte. Das Jahr 2010 habe hier mehr Innovationen gebracht als die zurückliegenden 30 Jahre.


Moderne Pharmakotherapien sind heute zunehmend gezielt auf molekulare Strukturen ausgerichtet, die bei bestimmten Patientengruppen spezielle Veränderungen aufweisen. Ob eine solche Therapie Erfolg verspricht, hängt daher von der biochemischen Charakterisierung der Patienten ab.

Shh-Signalweg als Target
für die Basaliomtherapie


Der international renommierte Dermatologe Professor Dr. David R. Bickers von der Columbia University New York betrachtet solche gezielten Eingriffe sowohl für die Therapie als auch für die Prävention des Basalzellkarzinoms als aussichtsreich. In seinem Vortrag präsentierte er dazu aktuelle Studienergebnisse.

Bei etwa 80 Prozent der Basaliom-Patienten ist der Sonic-hedgehog (Shh)-Signalweg aktiviert. Noch größer ist der Anteil einer ungewöhnlichen Ausprägung von Shh bei Patienten mit dem seltenen Gorlin-Syndrom, einer massiven Häufung von Basalzellkarzinomen. Shh ist zugleich einer der wichtigsten Signalwege im Rahmen der Embryonalentwicklung.


Für Professor Dr. David R. Bickers, New York, sind Hemmstoffe des Shh-Signalwegs eine mögliche neue Option für die Therapie des Basalzellkarzinoms.

Ein potenter Inhibitor für Shh ist Cyclopamin, ein Steroidalkaloid aus dem Kalifornischen Germer (Veratrum californicum). Der Verzehr dieser Pflanze durch trächtige Schafe führt bei den Lämmern zu einer charakteristischen Missbildung. Sie haben nur ein Auge in der Mitte der Stirn – wie der Zyklop, die griechische Sagengestalt, die zum Namensgeber für Cyclopamin wurde.

Wirksamkeit von Vismodegib
beim Basalzellkarzinom


Für den therapeutischen Einsatz ist Cyclopamin zu toxisch. Auf weiteren Stufen des Shh-Signalwegs sieht Bickers jedoch Angriffsmöglichkeiten für „kleine“ Moleküle. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Shh ein physiologisch wichtiger Signalweg ist, der nicht vollständig blockiert werden darf.


Strukturformel von Vismodegib

Von der Firma Genentech wurde mit Vismodegib (GDC-0449) ein „kleines“ Molekül entwickelt, das über eine Hemmung des Proteins SMO den Shh-Signalweg partiell blockiert und in Mausmodellen die Tumorhäufigkeit reduziert. Die Substanz ist weniger toxisch als Cyclopamin und kann am Menschen eingesetzt werden.

In einer ersten placebokontrollierten Studie an 41 Patienten mit multiplen Basalzellkarzinomen wurde Vismodegib über mehrere Monate oral in einer Dosierung von 150 Milligramm pro Tag verabreicht. Nach etwa fünfmonatiger Behandlung zeigte sich eine ausgeprägte Wirkung. Anzahl und Größe der Tumore sowie das Wachstum neuer Tumore gingen bei fast allen Patienten deutlich zurück.

Unerwünschte Effekte waren Verlust oder Veränderung des Geschmacks, Haarausfall, Muskelkrämpfe und Gewichtsverlust. Bickers betrachtet die Studienergebnisse als „proof of principle“ und sieht für die Basaliomtherapie mit Hemmstoffen des Shh-Signalwegs noch Optimierungsbedarf. Interessant erscheint auch eine topisch applizierbare Substanz (LDE 225), die derzeit von der Firma Novartis erprobt wird.

Grundlegende Neuerungen
auch in der Melanomtherapie


Während die dargestellten Ansätze zur Therapie von Basalzellkarzinomen noch weitgehend Zukunftsmusik sind, ist die Revolution in der Behandlung des malignen Melanoms bereits in vollem Gang. Nach Einschätzung von Professor Dr. Claus Garbe von der Universitäts-Hautklinik Tübingen hat sich auf diesem Gebiet im Jahr 2010 mehr entwickelt als in den 30 Jahren zuvor.

Bei den etablierten Therapien des metastasierten Melanoms mit Substanzen wie Dacarbazin, Temozolomid, Fotemustin, Vindesin, Interferon-alpha und Interleukin-2 betragen die Responderraten nur etwa 10 bis 20 Prozent, und es gibt keine Überlebensvorteile. Im Vergleich dazu sind die Fortschritte mit den neuen zielgerichteten Therapien erstaunlich.


Nach Vorstellung von Professor Dr. Claus Garbe, Tübingen, sollte die medikamentöse Melanomtherapie in Zukunft mehrstufig gestaltet werden.

Für den monoklonalen Antikörper Ipilimumab, der an der Oberfläche von T-Lymphozyten gegen das Protein CTLA-4 wirkt, ist erstmals ein Überlebensvorteil festgestellt worden. Während sonst nur eine Überlebensdauer von durchschnittlich neun Monaten bleibt, überleben etwa 20 Prozent der mit Ipilimumab behandelten Patienten fünf Jahre.

Ob noch längere Überlebenszeiten möglich sind, ist bisher offen. Einzelne Patienten, so Garbe, könnten von Ipilimumab stark profitieren, die Mehrzahl hingegen nicht. Ipilimumab wurde Ende März 2011 in den USA zugelassen und unter dem Markennamen Yervoy® in den Markt eingeführt. Weitere Informationen zu Ipilimumab finden sich in dem gesonderten Beitrag hier....

BRAF-Inhibitoren als Therapie-
option für bestimmte Patienten


Gemäß einer australischen Untersuchung ist bei etwa 45 Prozent der Melanom-Patienten der Signalweg der onkogenen Proteinkinase BRAF aktiviert. Für diese Patienten, die eine besonders schlechte Prognose haben, bietet sich der Einsatz von Substanzen an, die den BRAF-Signalweg blockieren.

Unter einer solchen Therapie entwickelt sich der Tumor wie ein BRAF-negatives Melanom weiter, so dass die Patienten häufig eine schnelle Besserung der Symptome erleben. Die Responderraten liegen bei 50 bis 80 Prozent. Die Erkrankung wird so um zwei bis neun Monate verlängert. Eine Heilungschance bietet dieser Behandlungsansatz jedoch nicht.

BRAF-Inhibitoren können oral verabreicht werden. Die derzeit am weitesten entwickelte Substanz ist Vemurafenib (PLX 4032). Sie wurde bereits in klinischen Phase-III-Studien getestet und von der Herstellerfirma Roche im Mai 2011 sowohl in den USA als auch in Europa zur Zulassung eingereicht.


Strukturformel von Vemurafenib

Neben der Zulassung des Arzneimittels hat die Firma auch eine Zulassung für einen Begleittest beantragt. Damit kann festgestellt werden, ob der Patient eine BRAF-Mutation aufweist und für die Therapie mit Vemurafenib in Frage kommt.

Weitere Optionen für die medi-
kamentöse Melanomtherapie


Perspektiven für die Melanomtherapie bieten nach Einschätzung von Garbe auch die so genannten MEK-Inhibitoren und Substanzen, die mit Antikörpern wie Interleukin-2 gekoppelt werden und so gezielt in einen Tumor eingebracht werden können. Für die weitere Zukunft bietet sich möglicherweise auch eine Kombination mehrerer gezielter Therapien an.

Für das Jahr 2012 stellt Garbe sich vor, dass BRAF-positive Patienten mit Vemurafenib und nach einer späteren Progression mit Ipilimumab behandelt werden, während BRAF-negative Patienten zuerst Ipilimumab erhalten sollten. Nach einer Progression könne sich dann immer noch die bisherige klassische Therapie anschließen.

Beim malignen Melanom könne so wie bei anderen Indikationen künftig eine mehrstufige Therapie gestaltet werden, die darauf zielt, das Überleben der Patienten zu verlängern. Garbe wies darauf hin, dass die noch nicht zugelassenen neuen Therapeutika heute bereits in ausgewählten Zentren im Rahmen des „compassionate use“ eingesetzt und für diesen Zweck von den Herstellern kostenlos geliefert werden.

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