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 Ausgabe 1 (2004)

Autorenbeitrag

A. Posselt, R. Daniels*
UVA-Schutzleistung von Sonnenschutzprodukten: Hat sich der Markt verändert?

Einleitung

Lichtschutzprodukte haben eine große Bedeutung in der Gesunderhaltung der Haut. Übermäßige Sonnenexposition kann gravierende Schäden verursachen. Erste erkennbare Reaktion ist der Sonnenbrand, der eine im Wesentlichen durch UVB-induzierte Entzündung der Haut darstellt, aber auch die Entwicklung von Hauttumoren oder von Lichtdermatosen steht in ursächlichem Zusammenhang mit dem UV-Licht. Ebenso wird vorzeitige Hautalterung, die Bildung von Falten und die Erschlaffung des Hautbindegewebes, durch Licht beschleunigt. Hierfür ist in erster Linie die langwellige UVA-Strahlung verantwortlich. Um derartigen Schäden vorzubeugen, werden immer effektivere Sonnenschutzmittel gefordert. Die Entwicklung der Leistungssteigerung in den vergangenen Jahren kann sehr einfach anhand der Lichtschutzfaktoren (SPF) verfolgt werden, die inzwischen Werte von über 30 erreichen. Das Verbraucherverhalten hat sich diesem Trend angepasst und die Mehrheit verwendet mittlerweile Produkte mit Lichtschutzfaktoren im Bereich von 10 bis 12. Die hohe Lichtschutzleistung moderner Produkte wird durch Kombination verschiedener organischer UV-Filter untereinander sowie einen Zusatz reflektierender Mikropigmente ermöglicht. Wobei die gesamte UV-Filtermenge möglichst niedrig ausfallen sollte und ein adäquater Schutz im UVB- und im UVA-Bereich angestrebt werden sollte.

Der UVB-Schutz wird weltweit einheitlich als Lichtschutzfaktor (LF oder SPF) angegeben. Die Bestimmung des Schutzparameters ist in vielen nationalen Normen festgelegt, wobei die beschriebenen Verfahren nur geringfügig voneinander abweichen, so dass die Schutzfaktoren gut vergleichbar sind. In Europa werden die Bestimmungen nach der 1994 in Kraft getretenen COLIPA SPF Guideline [1] durchgeführt.

Den UVA-Schutz geben die meisten Hersteller zur Zeit gemäß den Anforderungen der Australischen Norm an [3]. Die Anforderungen dieser Norm sind erfüllt, sobald ein Sonnenschutzmittel die Transmission im Bereich von 320 - 360 nm um mindestens 90% reduziert. Die Australische Norm sieht oberhalb von 90% Absorption keine weitere Differenzierung vor. Dies führt dazu, dass bei Einhaltung des Australischen Standards bei Produkten mit niedrigem SPF noch ein adäquater UVA-Schutz sichergestellt ist, mit steigendem SPF allerdings der UVA-Schutz auf gleich bleibendem Niveau stagnieren kann, ohne die Norm zu verletzen; der UVA-Schutz wächst also nicht zwangsläufig mit dem UVB-Schutz.

Um dieses Defizit im Bereich der Charakterisierung des UVA-Schutzes zu beheben, arbeiten viele nationale und internationale Arbeitsgruppen an der Erarbeitung einer einheitlichen Messmethode. Sehr weit fortgeschritten sind diese Bemühungen bei einer neuen in vitro Methode, mit der sich die UVA-Schutzleistung quantifizieren lässt. Damit wird eine differenzierte Darstellung der Produktleistungen ermöglicht [4]. Hierzu wird ein Sonnenschutzmittel gleichmäßig auf ein oberflächlich angerautes Substrat aufgetragen und nachfolgend die Transmission durch den Schutzfilm vermessen. Es folgt eine Angleichung der Daten an den SPF und eine Gewichtung mit einem UVA-relevanten biologischen Endpunkt. Die Methode ist experimentell leicht durchzuführen und im Rahmen einer Ringstudie in der DGK Fachgruppe "Lichtschutz" wurde die gute Reproduzierbarkeit und die Robustheit demonstriert [5]. Dabei korrelieren die Ergebnisse sehr gut mit in vivo Daten [6]. Vor einem Jahr hatten wir basierend auf dieser Methode eine erste Reihenuntersuchung an 14 Handelsprodukten durchgeführt und dabei die einfache und exakte Anwendbarkeit der Methode bestätigen können. Die Produkte ließen sich eindeutig in ihrer UVA-Schutzqualität differenzieren.

Seit April 2004 ist die Methode als DIN Normentwurf 67502 veröffentlicht, wobei der UVA-Schutz nun als UVA-Bilanz berechnet wird. Dies erlaubt aufgrund der Art der Berechung eine gegenüber dem früher ausgewiesenen UVA-Index noch stärkere Differenzierung der UVA-Schutzleistungen. In der vorliegenden Studie haben wir diese neue Berechnung angewandt.

Ziel der aktuellen Untersuchungen war es auf dieser methodischen Basis erneut aktuelle Handelsprodukte hinsichtlich ihrer UVA-Schutzleistung zu bewerten. Es wurden wiederum Sonnenschutzprodukte in der Kategorie SPF 10-12 getestet, um festzustellen, wie sich der UVA-Schutz entwickelt hat. Dabei war von besonderem Interesse, ob der vor einem Jahr gefundene Trend noch immer Gültigkeit besitzt. 2003 wurden demnach Produkte mit den höchsten UVA-Schutzleistungen von Herstellern angeboten, die sich seit Jahren intensiv in Forschung und Entwicklung mit dem Thema Sonnenschutz auseinandersetzen. Während sich in der Gruppe der wenig schützenden Produkte vermehrt Discounterprodukte fanden.

Durchführung
Es wurden 19 Sonnenschutzprodukte in Discountern, im Lebensmittelhandel und in Apotheken eingekauft. Die Produkte enthalten unterschiedliche UV-Filtersysteme mit SPF 10-12. Die Mehrheit der Produkte lobt auf den Packungen breitbandigen Schutz gemäß der Australischen Norm AS 2604 auf. Lediglich bei zwei Produkten wird ein UVA-/UVB-Langzeitschutz allerdings ohne Verweis auf die Australische Norm ausgewiesen. Die Angaben zum SPF, zur Produktform sowie zu den enthaltenen UV-Filtern sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Übersicht der in die Untersuchung einbezogenen Sonnenschutzprodukte


Abkürzungen:
BEMT= Bis-Ethylhexyloxyphenol Methoxyphenol Methoxyphenyl Triazine
BMDBM= Butyl Methoxydibenzoylmethane
DBT = Dietyhlhexyl Butamido Triazone
DTS = Drometrizole Trisiloxane
EHMC = Ethylhexyl Methoxycinnamate
EHT = Ethylhexyl Triazone
HD = Hydrodispersion
IMC = Isoamyl p-Methoxycinnamate
MBC = Methylbenzylidene Camphor
OC = Octocrylene
SPBS = Sodium Phenylbenzimidazole Sulfonate
TiO2 = Titanium Dioxide
TDSA = Terephthalidene Dicamphor Sulfonic Acid
ZnO = Zinc Oxide


Die Produkte wurden zunächst in einer Menge von 0.75 mg/cm² auf eine einseitig angeraute PMMA Platte aufgetragen und mit einem Spektralphotometer (LOT-ORIEL-INSTASPECII Komponentengerät) vermessen. Für jedes Produkt wurden 3 Platten vorbereitet, auf denen 4 einzelne Messungen durchgeführt wurden. Sofern die Absorption den Wert von 2 überschritt, wurde der Vorgang mit entsprechend verringertem Auftragsvolumen wiederholt [7]. Die UVA-Schutzleistung wurde, wie im neuen DIN-Normentwurf 67502 beschrieben, als UVA-Bilanz aus den Transmissionsdaten und unter Einbeziehung des ausgelobten SPF berechnet.

Ergebnis und Diskussion
Die Messmethode ließ sich auf alle Produkte problemlos anwenden. Die Standardabweichungen der Einzelmessungen waren in einem sehr engem Bereich (0,6 - 4,9 %). Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, reicht die Skala der UVA-Schutzleistungen — angegeben als UVA-Bilanz — von 13 bis 45. Dies ermöglicht eine klare Differenzierung zwischen den einzelnen Produkten. Die Produktleistungen variierten sogar noch stärker als in der Vergleichsstudie 2003 [Abb. 2]. Der höchste UVA-Schutz war fast 3,5 mal größer als der des schwächsten Produktes in dieser Serie. Dieser große Unterschied, der durch die neue Methode offensichtlich wurde, ist als verbraucherrelevant anzusehen, da der UVA-Schutz durchaus bei der Produktauswahl eine zunehmende Rolle spielt. Gemäß der aktuellen Produktbeschreibungen bleibt dies jedoch dem Verbraucher vollständig verborgen.

Abbildung 1: Gegenüberstellung der UVA-Schutzleistung verschiedener Sonnenschutzprodukte.


Um den Vergleich zwischen den beiden Herstellerkategorien auf eine breitere Basis zustellen, wurde die Anzahl der Produkte, die von Discountern und Drogeriemärkten als günstige Eigenmarken angeboten werden, auf insgesamt zwölf Muster ausgedehnt. Dabei bestätigte sich, dass diese allesamt nur UVA-Schutz im unteren Bereich gewähren. Die Unterschiede zu den Produkten von forschungsaktiven Markenherstellern haben sich im Vergleich zum Vorjahr sogar noch verstärkt. In Abbildung 2 sind die Mittelwerte der ermittelten UVA-Bilanz für beide Produktgruppen gegenübergestellt. Demnach bieten die traditionellen Marken dem Verbraucher deutlich leistungsfähigere Produkte an. Der UVA-Schutz liegt im Mittel um ca. 75 % (!!) über den Schutzleistungen der Billiganbieter.

Abbildung 2: Gegenüberstellung der mittleren UVA-Schutzleistung unterschiedlicher Hersteller.



In neun Fällen konnten die Daten aus 2003 und 2004 direkt miteinander verglichen werden. Zwei Produkte zeigten eine signifikante Steigerung des UVA-Schutzes, sechs Sonnenschutzmittel brachten nahezu den identischen UVA-Bilanz Wert und nur ein Produkt wurde 14% niedriger gemessen. Der Vergleich der beiden Probenkollektive aus 2003 und 2004 weist im Mittel praktisch keine Unterschiede auf. Allerdings ergibt sich bei Betrachtung der beiden Herstellerkategorien ein deutlicher Unterschied. Der UVA-Schutz von Markenartikel hat sich gemäß der beiden Studien deutlich erhöht, während die Discounterprodukte nur eine marginale Steigerung aufweisen (s. Abb. 3) Leider waren die Veränderungen — auch die Verbesserungen im UVA-Schutz, die in der Studie belegt wurden — für den Laien nicht offensichtlich. Erst ein direkter Vergleich der Inhaltstoffliste gab Hinweise auf qualitative und/oder quantitative Änderung der Formulierungen; letztere kenntlich an einer veränderten Reihenfolge der Inhaltsstoffe.

Abbildung 3: Vergleich des ermittelten Bereichs des UVA-Schutzes bei der Studie 2003 und der aktuellen Studie im Jahr 2004.



Zusammenfassung
Die aktuelle Bewertung des UVA-Schutzes mit Hilfe des UVA-Bilanzwertes hat die Ergebnisse des Vorjahres bestätigt. Obwohl das Wissen um die Gefahren einer übermäßigen UVA-Belastung weiter wächst, wirkt sich dies auf die vermarkteten Sonnenschutzmittel nur bedingt aus. Ausschließlich Produkte der forschungsaktiven Anbieter erfüllen den von vielen Seiten geforderten gleichmäßigen UVA- und UVB-Schutz, der bei Produkten mit hohem SPF im UVA-Bereich deutlich über den Australischen Standard hinaus gehen sollte. Discounterprodukte weisen dagegen in diesem Schutzaspekt klare Defizite auf, obwohl dies aus der zur Zeit übliche Deklaration nicht hervorgeht. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Situation zu Gunsten des Verbrauchers wohl erst dann ändern wird, wenn die Deklaration entsprechend einer allgemein akzeptierten, differenzierenden Bewertungsmethode erfolgen wird.

Literatur
[1] COLIPA Sun Protection Factor (SPF) Test Method, 1994
[2] Leitlinie Dermokosmetischer Sonnenschutz der GD Gesellschaft für Dermopharmazie (2003)
[3] Australian Standard AS 2604 (1993)
[4] V. Wendel, E. Klette and H. Gers-Barlag; A new in vitro test method to assess the UVA protection performance of sun care products; SÖFW-Journal 127,12-30 (2001)
[5] H. Gers-Barlag, V. Wendel, E. Klette, R. Bimczok, C. Springob, P. Finkel, T. Rudolph, H.U. Gonzenbach, H. Westenfelder, P. Schneider, D. Kockott, U. Heinrich, H. Tronnier, W. Johncock, R. Langner, H. Driller, F. Pflücker, T. Wünsch; The reproducibility of an in vitro determination of the UVA INDEX describing the relative UVA protection of sun care products; IFSCC Magazine 5 (3), 161-166 (2001)
[6] Gers-Barlag H; In vitro determination of the UVA balance; Sun conference London (2003)
[7] E. Klette, V. Wendel , K.P. Wittern and H. Gers-Barlag; A quick, practical test procedure to evaluate the performance of instruments used for in vitro UV protection measurements; Int J Cos Sci 24 (6), 323-329 (2002)



Autor

Prof. Dr. Rolf Daniels hat im Fach Pharmazeutische Technologie promoviert. Vor seiner Rückkehr an die Hochschule arbeitete er zwei Jahre in der pharmazeutischen Entwicklungsabteilung eines großen Pharmaunternehmens. 1995 bekam er eine Professur für pharmazeutische Technologie am Institut für Pharmazeutische Technologie der Technischen Universität Braunschweig. Seine Hauptforschungsgebiete umfassen tensidfreie Emulsionssysteme, Stabilitätsbeurteilung von halbfesten Systemen und die kontrollierte Freisetzung von Wirkstoffen. Seit 1997 ist er Leiter der Fachgruppe Dermokosmetik der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD).

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Rolf Daniels,
Institut für Pharmazeutische Technologie
Technische Universität Braunschweig
Mendelssohnstraße 1
D- 38106 Braunschweig

E-mail: r.daniels@tu-bs.de

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