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 Ausgabe 1 (2004)

Dermokosmetik
Entzündliche und juckende Haut

Endocannabinoide als neuer Ansatz zur antiinflammatorischen Prävention


Endocannabinoide sind die natürlichen Liganden der Cannabinoidrezeptoren, die in fast allen aeroben Zellen zu finden sind. Doch wofür hat die Natur diese Rezeptoren eingerichtet, und wie lassen sie sich für die Hautpflege und die dermatologische Therapie nutzen? Mögliche Antworten auf diese Fragen lieferten Untersuchungen von Profesor Dr. Lajos Kemeny aus Szeged in Ungarn. Er stellte für ein handelsübliches Dermokosmetikum mit dem Endocannbinoid N-Palmitoylethanolamin eine antioxidative Schutzwirkung gegenüber UVB-Strahlung und eine mit Hydrocortison vergleichbare Linderung der Beschwerden bei Patienten mit einem leichten atopischen Ekzem fest.
Im zurückliegenden Jahrzehnt wurden Einflüsse von Endocannabinoiden auf verschiedenste Körperfunktionen festgestellt. Offenbar werden kognitive Funktionen, die Steuerung der Nahrungsaufnahme, die Abhängigkeit von Alkohol und anderen Rauschmitteln sowie die Ausschüttung von Hormonen ebenso beeinflusst wie die Immunantwort und unterschiedliche gastrointestinale und kardiovaskuläre Funktionen. Auch an der Vermittlung von Schmerzen und Juckreiz dürften Cannabinoidrezeptoren beteiligt sein. Für die verschiedenen Funktionen sind wahrscheinlich unterschiedliche Cannabinoidrezeptoren verantwortlich.

Mit den dermatologischen Effekten der offenbar vielfältigen Endocannabinoide beschäftigte sich Professor Dr. Lajos Kemeny von der Universität Szeged in Ungarn. Für seine Untersuchungen verwendete er ein Dermokosmetikum (Physiogel® A.I. Creme, Stiefel Laboratorium GmbH), das in Deutschland über Apotheken vermarktet wird und in dem das weit verbreitete und schon gut untersuchte Endocannabinoid N-Palmitoylethanolamin enthalten ist.


Professor Dr. Lajos Kemeny (Mitte) von der dermatologischen Abteilung der Universität Szeged in Ungarn war Gast bei der 8. GD-Jahrestagung Ende März 2004 in Halle an der Saale. In einem Vortrag im wissenschaftlichen Hauptprogramm stellte er Untersuchungsergebnisse zur Wirksamkeitsprüfung eines Endocannnabinoid-haltigen Dermokosmetikums vor.

Antioxidative Schutzwirkung
gegenüber UVB-Strahlung

In einer orientierenden Untersuchung an fünf Probanden wurde zunächst die Schutzwirkung dieser Creme gegenüber UVB-Strahlung geprüft. Hierfür trugen die Probanden die Endocannabinoid-Creme oder nur die Cremegrundlage einen Monat lang auf die später bestrahlten Hautareale auf. Danach wurden die vorbehandelten Hautareale zweimal im Abstand von 24 Stunden mit der zweifachen minimalen Erythemdosis mit UVB-Licht bestrahlt. Als Indikator für die UV-bedingte Schädigung diente der Nachweis von Thymidindimeren und von Protein p53 mit Hilfe von Antikörpern in Biopsien der bestrahlten Haut.

Beide Nachweismethoden ergaben einen kleinen, aber signifikanten Unterschied zugunsten der Endocannabinoid-Creme. Auch das Erythem wurde durch die Endocannabinoid-Creme erkennbar verringert. Dagegen war kein Effekt festzustellen, wenn die Endocannabinoid-Creme erst 20 Minuten vor der Bestrahlung aufgebracht wurde. Demnach handelt es sich bei der Wirkkomponente offensichtlich nicht um einen UV-Absorber, sondern es ist ein weiter gehender antioxidativer Schutzmechanismus anzunehmen.

Linderung der Beschwerden
beim atopischen Ekzem

In einer weiteren Studie wurden die Effekte der Endocannabinoid-Creme bei 18 Patienten mit einer leichten atopischen Dermatitis untersucht. Dabei wurde im Halbseitenvergleich die Wirksamkeit der Creme mit der von einer in Ungarn vermarkteten einprozentigen Hydrocortison-Creme verglichen. 15 Patienten beendeten die dreiwöchige Untersuchung, während drei wegen fehlender Compliance vorzeitig aus der Studie ausgeschieden waren.

Im Ergebnis erwiesen sich die beiden Zubereitungen als gleichwertig bezüglich der Juckreizhemmung, der Hautinfiltration und der Lichenifizierung der atopischen Läsionen. Dagegen reduzierte die Hydrocortison-Creme das Erythem erkennbar stärker, während andererseits die Endocannabinoid-Creme in der ersten Woche die Hauttrockenheit signifikant stärker verminderte (p jeweils < 0,05). Die subjektive Beurteilung durch Prüfarzt und Patient ergab keine Unterschiede für die beiden Präparate.

Grundlage des Wirkprinzips
noch nicht erforscht


Basierend auf diesen Untersuchungsergebnissen erscheint die geprüfte Endocannabinoid-Creme als wirkungsvolles Pflegekonzept zum Schutz vor oxidativen UV-Schädigungen der Haut und zur Linderung der klinischen Symptome bei leichten Formen des atopischen Ekzems.

Über die bislang untersuchten Anwendungsbereiche hinaus sind die Endocannabinoide insgesamt als aussichtsreiche Kandidaten für einen neuen Ansatz zur antiinflammatorischen Prävention zu betrachten. Allerdings dürfte noch einige Grundlagenforschung erforderlich sein, um die empirisch festgestellten Effekte zu verstehen. So ist bislang zum Beispiel noch nicht geklärt, über welche Cannabinoidrezeptoren die beobachteten Wirkungen vermittelt werden. (tmb)

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