|
|
|
Dermokosmetik
Wirksamkeit und Kennzeichnung von Sonnenschutzmitteln
EU-Kommission
will beim Sonnenschutz mehr Sicherheit und Transparenz schaffen
Bericht von Dr. Joachim Kresken, Viersen
Mit dem Ziel, beim Sonnenschutz europaweit mehr Sicherheit und Transparenz
zu schaffen, hat die EU-Kommission am 22. September 2006 eine weitreichende
Empfehlung zur Wirksamkeit und Kennzeichnung von Sonnenschutzmitteln herausgegeben.
Danach sollen Sonnenschutzmittel eine Mindesteffizienz gegenüber UVB-
und UVA-Strahlung besitzen, mit genormten Methoden auf ihre Schutzwirkung
geprüft werden sowie mit eindeutigen Wirksamkeitsangaben, verbesserten
Anwendungshinweisen und mit Warnhinweisen versehen werden. Auch wenn die
Empfehlung nicht in allen Punkten den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand
zu Grunde legt, ist sie ein wertvoller Beitrag, um das angestrebte Ziel
zu erreichen.
In der Empfehlung wird darauf hingewiesen, dass Sonnenschutzmittel nicht
nur Sonnenbrand vermeiden können, sondern wissenschaftliche Erkenntnisse
außerdem die Schlussfolgerung auf eine mögliche Schutzwirkung
vor vorzeitiger Hautalterung, Photoimmunsuppression und einigen Formen von
Hautkrebs zulassen. Gleichzeitig wird angemerkt, dass es bisher keine eindeutigen
Nachweise dafür gibt, dass durch die Verwendung von Sonnenschutzmitteln
auch die Bildung von Melanomen verhindert wird.
Um über die erwähnten präventiven Merkmale verfügen
zu können, sollten Sonnenschutzmittel sowohl gegen UVB- als auch gegen
UVA-Strahlung schützen und einen Mindestschutz gegen diese beiden Strahlenarten
aufweisen. Auf die Notwendigkeit eines Schutzes gegen kurzwellige Infrarotstrahlung
(IR-A), der aufgrund neuerer Forschungsergebnisse ebenfalls ein hautschädigendes
Potenzial zugesprochen wird, wird dagegen nicht Hingewiesen.
Methoden
zur Bestimmung
der UV-Schutzleistung
Zur Bestimmung des Schutzniveaus gegenüber
UVB- und UVA-Strahlung schlägt die Kommission bestimmte In-vivo-Prüfmethoden
vor. Die Schutzwirkung gegenüber UVB-Strahlung sollte mit der weltweit
einheitlichen, zuletzt 2006 aktualisierten International Sun Protection
Test Method bestimmt werden. Der mit dieser Methode ermittelte Lichtschutzfaktor
(LSF) sollte einen Wert von wenigstens 6 aufweisen.
Der UVA-Schutz sollte mit der von einer französischen Behörde
(Agence française de sécurité sanitaire des produits
de santé) geänderten Form der PPD (Persistent Pigment Darkening)-Methode
charakterisiert werden, wobei der ermittelte Schutzfaktor mindestens ein
Drittel so hoch sein sollte wie der LSF gegenüber UVB. Nur wenn der
UVA-Schutz in diesem Verhältnis mit dem UVBSchutz verknüpft werde,
sei mit einer Verringerung bestimmter biologischer Hautschäden zu rechnen.
Nach Angabe der EUKommission liefern die beiden erwähnten Invivo-Methoden
reproduzierbare Ergebnisse. Sie seien deshalb im Juli 2006 dem Europäischen
Komitee für Normung vorgelegt worden. Aus ethischen Gründen sollten
sie jedoch nur als Referenzmethoden dienen und für Routinetestzwecke
durch In-vitro-Methoden ersetzt werden, die gleichwertige Ergebnisse liefern.

Auch wenn
die Sonne noch so lockt, ist ihre Strahlung nicht zu unterschätzen.
Schutzmaßnahmen wie das Tragen einer Kappe und einer Sonnenbrille
sowie die Verwendung geeigneter Sonnenschutzmittel sind deshalb unverzichtbar. |
Offen bleibt die Frage, warum die Kommission ausgerechnet die PPD-Methode
als Referenzmethode zur Bestimmung des UVA-Schutzes etablieren will. Bei
dieser Empfehlung bleibt unberücksichtigt, dass die PPD-Methode einen
künstlichen biologischen Endpunkt (Zeit bis zum Eintreten einer Pigmentierung)
verwendet, der kaum repräsentativ sein dürfte für die vielfältigen
Hautschäden, die bei übermäßiger Einwirkung von UVA-Strahlung
entstehen können.
Dabei wurden in letzter Zeit eine ganze Reihe von alternativen In-vivo-Methoden
mit diesbezüglich relevanteren Endpunkten, wie der Erfassung der Immunsuppression,
der DNA-Schädigung oder der gebildeten freien Radikale, entwickelt.
Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht wäre es deshalb wünschenswert,
wenn diese Methoden weiterentwickelt und als aussagefähigere Referenzmethoden
etabliert werden könnten.
Bevorzugung
von
In-vitro-Methoden
Nachvollziehbar
ist die Empfehlung der Kommission, In-vivo-Methoden aus ethischen Gründen
durch In-vitro-Methoden zu ersetzen, sofern sie gleichwertige Ergebnisse
liefern. Die Industrie wird von der Kommission ausdrücklich aufgefordert,
solche Methoden zu entwickeln.
Nicht erwähnt wird, dass mit der Methode nach dem Australischen Standard
AS 2607 bereits seit langem ein von mehreren Herstellern eingesetztes In-vitro-Verfahren
zur Bestimmung des UVA-Schutzes existiert. Die fehlende Erwähnung lässt
darauf schließen, dass die Kommission diese Methode, ebenso wie andere
Fachleute, als nicht ausreichend zur Charakterisierung der UVA-Schutzleistung
ansieht.
Tabelle:
Deklaration des Lichtschutzfaktors (LSF) gemäß Empfehlung
der EU-Kommission |
Gemessener
LSF |
Anzugebender
LSF |
Anzugebende
Kategorie |
6
- 9,9
|
6
|
Niedriges
Schutzniveau
|
10
- 14,9
|
10
|
Niedriges
Schutzniveau
|
15
- 19,9
|
15
|
Mittleres
Schutzniveau
|
20
- 24,9
|
20
|
Mittleres
Schutzniveau
|
25
- 29,9
|
25
|
Hohes
Schutzniveau
|
30
- 49,9
|
30
|
Hohes
Schutzniveau
|
50
- 59,9
|
50
|
Sehr
hohes Schutzniveau
|
60
und mehr
|
50
+
|
Sehr
hohes Schutzniveau
|
Gleiches dürfte für die in Deutschland entwickelte und im Februar
2005 veröffentlichte Methode zur Bestimmung der UVA-Bilanz nach DIN
67502 gelten. Auch diese Methode wird in der Empfehlung der EU nicht erwähnt.
Dabei wurde sie vom IKW, dem Industrieverband der deutschen Kosmetikindustrie,
noch bis vor kurzem als geeignetes Verfahren zur Charakterisierung der UVA-Schutzleistung
ausgelobt.
Inzwischen empfiehlt der IKW eine weiterentwickelte In-vitro-Methode, die
im April 2007 von COLIPA, dem Dachverband der europäischen Kosmetikindustrie,
veröffentlicht wurde. Anders als die DIN-Methode, berücksichtigt
diese Methode auch die Möglichkeit der Photodegradation der UV-Filter.
Außerdem wurde sie mit der PPD-Methode korreliert und erfüllt
damit die Forderung der EU-Kommission nach einem gleichwertigen In-vitro-Verfahren.
Der IKW lobt die neue COLIPA-Methode als leistungsstarkes Verfahren zur
europaweit einheitlichen Bestimmung und vergleichenden Bewertung der UVA-Schutzleistung.
Offen bleibt jedoch die Frage, ob die mit dieser Methode erzielten Ergebnisse
nicht nur mit der PPD-Methode korrelieren, sondern auch mit den oben erwähnten
neueren Prüfverfahren mit repräsentativeren biologischen Endpunkten.
Vereinheitlichung
der
Wirksamkeitsangaben
Außer
mit den Prüfmethoden befasst sich die EU-Empfehlung auch sehr detailliert
mit der Kennzeichnung von Sonnenschutzmitteln. Um Transparenz zu schaffen
und den Verbraucher bei der Auswahl eines geeigneten Produktes zu unterstützen,
sollten die auf den Packmitteln angebrachten Angaben zur Wirksamkeit vereinheitlicht
werden und sich ausschließlich auf genormte, reproduzierbare Kriterien
beziehen.
Es wird empfohlen, die Höhe des UVB-Schutzes nicht mehr über den
tatsächlich gemessenen Lichtschutzfaktor, sondern nur noch nach
unten gerundet mit LSF 6, 10, 15, 20, 25, 30, 50 beziehungsweise
50+ anzugeben (Tabelle Seite 29). Zudem sollten die Produkte je nach Höhe
ihres Lichtschutzfaktors einer Schutzkategorie (niedrig, mittel,
hoch oder sehr hoch) zugeordnet werden, die mindestens
ebenso gut sichtbar wie der LSF auf den Verpackungen kenntlich gemacht werden
sollte.
Ein UVA-Schutz soll nur ausgelobt werden, wenn mit der PPD- oder einer gleichwertigen
In-vitro-Methode ein Schutzfaktor ermittelt wurde, der mindestens ein Drittel
so hoch ist wie der LSF gegenüber UVB. Der IKW empfi ehlt seinen Mitgliedsfirmen,
dies durch Anbringung eines einheitlichen Kennzeichens (Kreis mit den Buchstaben
UVA) zu verdeutlichen. Die von einzelnen Firmen praktizierte Regelung, auch
den UVA-Schutz als Zahlenwert zu deklarieren, wird dagegen weder von der
EU-Kommission noch vom IKW empfohlen.
Empfohlene
Warn- und
Anwendungshinweise
Neben
den Angaben zur Wirksamkeit sollten Sonnenschutzmittel nach Vorstellung
der EU-Kommission auch Warnhinweise und Hinweise zur richtigen Anwendung
der Produkte tragen. Warnhinweise könnten zum Beispiel sein, sich auch
bei Verwendung eines Sonnenschutzmittels nicht zu lange in der Sonne aufzuhalten
und Säuglinge und Kinder nicht dem direkten Sonnenlicht auszusetzen.
Verzichten sollten die Hersteller auf Angaben, die einen nicht realisierbaren
hundertprozentigen Schutz vor der Sonnenstrahlung vermuten lassen (zum Beispiel
Begriffe wie Sunblokker oder völliger Schutz).
Auch Hinweise, dass das verwendete Sonnenschutzmittel unter keinen Umständen
mehrmals am Tag aufgetragen werden muss (zum Beispiel Schutz für
den ganzen Tag) sollten nicht mehr benutzt werden.
Statt dessen sollten Sonnenschutzmittel mit Anwendungshinweisen versehen
werden, die sicherstellen, dass die angegebene Wirkung erzielt werden kann.
So soll zum Beispiel darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Mittel insbesondere
bei Schwitzen sowie nach dem Schwimmen und Abtrocknen erneut aufgetragen
werden
muss, um den angestrebten Schutz aufrechtzuerhalten.
Für notwendig erachtet die Kommission auch den Hinweis, dass der experimentell
ermittelte Lichtschutzfaktor unter den tatsächlichen Anwendungsbedingungen
normalerweise nicht erreicht wird. Dafür müsste das Mittel in
einer Menge von zwei Milligramm pro Quadratzentimeter aufgetragen werden,
was, bezogen auf den Körper eines durchschnittlichen Erwachsenen, etwa
36 Gramm Produkt entspricht. Wird nur die Hälfte dieser Menge aufgetragen,
kann die Schutzwirkung bereits um zwei Drittel verringert sein.
Umsetzung
der neuen
Kennzeichnungsempfehlungen
Der IKW hat seinen Mitgliedsfirmen geraten, die neuen Empfehlungen der
EU baldmöglichst umzusetzen. Nach Vorstellung des IKW sollten spätestens
im Laufe des Sommers 2009 alle im Handel befindlichen Sonnenschutzmittel
mit den neuen Kennzeichnungselementen versehen sein.
Ob dies tatsächlich konsequent geschehen wird, muss jedoch aus verschiedenen
Gründen bezweifelt werden. Nur schwer vorstellbar ist zum Beispiel,
dass zukünftig wirklich alle Produkte, bei denen ein LSF von kleiner
15 gemessen wurde, den von der EU-Kommission empfohlenen Hinweis auf ein
niedriges Schutzniveau tragen werden. Eine derartige Kennzeichnung dürfte
ein nicht unerhebliches Verkaufshindernis darstellen. Vielleicht nehmen
einige Hersteller dies auch zum Anlass, die in vielen Fällen ausreichenden
Sonnenschutzmittel mit LSF kleiner 15 zukünftig gar nicht mehr anzubieten.
Prüfmethoden
weiter
in der Diskussion
Zudem
ist damit zu rechnen, dass manche Hersteller zunächst die weitere Diskussion
um die Methoden zur Wirksamkeitsprüfung abwarten werden, bevor sie
ihre Produkte gegebenenfalls neu testen lassen und entsprechend kennzeichnen.
Immerhin hat sich am Beispiel der deutschen DIN-Methode gezeigt, wie schnell
eine einmal ausgesprochene Empfehlung aufgrund neuerer Erkenntnisse revidiert
werden kann.
Die derzeit empfohlenen Methoden zur Prüfung der Schutzleistung von
Sonnenschutzmitteln liefern zwar reproduzierbare Ergebnisse, bilden aber
das breite Spektrum der möglichen Hautschäden, die bei übermäßiger
Sonnenbestrahlung eintreten können, längst nicht vollständig
ab. Im Sinne des Verbraucherschutzes sollte deshalb die Suche nach diesbezüglich
günstigeren Methoden fortgesetzt werden.
nach oben
|