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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 1 (2011)

Dermopharmazie aktuell

Entwicklung und Zulassung von topischen Dermatika
BfArM setzt auf einen regen Austausch mit wissenschaftlichen Fachgesellschaften

Bericht von Dr. Claudia Schöllmann, Königswinter

Die Zulassung von Arzneimitteln – gerade von topischen Dermatika – ist eine hochkomplexer Prozess. Die deutsche Zulassungsbehörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), setzt dabei auch auf einen regen Austausch mit Fachgesellschaften. Dies wurde bei einem wissenschaftlichen Symposium deutlich, das die GD Gesellschaft für Dermopharmazie in Kooperation mit dem BfArM am 27. Januar 2010 in dessen Räumlichkeiten in Bonn austrug. Die Veranstaltung unter dem Titel „Development and regulatory aspects of topical dermatics today“ beleuchtete die gesamte Entwicklungskette, die topische Dermatika von der Identifizierung pharmakologischer Zielstrukturen bis hin zur klinischen Prüfung durchlaufen müssen. Darüber hinaus machte sie die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Zulassung dieser speziellen Arzneimittel deutlich.


„Das Symposium soll dem interdisziplinären, interprofessionellen und interinstitutionellen Gedankenaustausch zwischen Experten aus Hochschule, Industrie und Zulassungsbehörde dienen.“ Mit diesen Worten begrüßte der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken, Viersen, die Besucher dieser insgesamt dritten Veranstaltung der GD im BfArM.

Dialog mit Fachgesellschaften
ist gesellschaftlich notwendig


Der Vizepräsident des BfArM, Direktor und Professor Dr. Karl Broich, äußerte die Hoffnung, dass dieses gemeinsame Symposium von BfArM und GD nicht das letzte seiner Art gewesen sei. Broich: „Von Seiten des BfArM sind wir weiterhin sehr an einem Dialog mit Fachgesellschaften interessiert.“

Der Vizepräsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, Direktor und Professor Dr. Karl Broich, wünscht sich im Zusammenhang mit der Entwicklung und Zulassung topischer Dermatika einen regen Austausch mit wissenschaftlichen Fachgesellschaften wie der Gesellschaft für Dermopharmazie..

Broich betonte die Bedeutung des Austauschs zwischen allen an der Entwicklung neuer Dermatika beteiligten Gruppen. Nur so könnten die enormen Herausforderungen im Gesundheitswesen, vor allem aus gesellschaftspolitischer Sicht, aus Patientensicht und unter dem Aspekt des Kostendrucks, bewältigt werden.

Zur Frage, warum der Zulassungsprozess bei topischen Dermatika besonders schwierig sei, erklärte Broich: „Bei einer Vielzahl von Arzneimitteln sind die Prinzipien und auch die Zusammensetzung identisch. Bei den topischen Arzneimitteln kommt es jedoch neben der Zusammensetzung in besonders hohem Maße auch auf die Eigenschaften der Formulierung an.“

Kleine Änderungen der Galenik könnten zu größeren Änderungen in der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität führen. Außer für topische Dermatika gelte dies auch für andere an der Haut angewendete Arzneimittel wie Schmerzpflaster oder Rheumasalben.

Potenzial für die Entwicklung
neuer Dermatika nutzen


Auch der stellvertretende GD-Vorsitzende, Professor Dr. Hans Christian Korting, wies auf die Bedeutung des Gedanken- und Informationsaustauschs zwischen akademischer Forschung, Industrie und Zulassungsbehörden hin. Das Programm des Symposiums sei unter diesem Aspekt zusammengestellt worden, betonte Korting bei seiner Einführung.

Da die deutsche Dermatologie weltweit einen hohen Stellenwert besitze, sollte das vorhandene Potenzial auf klinischer Seite genutzt werden, um auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein und die Entwicklung innovativer Dermatika voranzutreiben. „Wir haben am Standort Deutschland das Potenzial, die gesamt Entwicklungskette bei Hautarzneimitteln abzurufen“, erklärte Korting und stieß damit bei den Zuhörern auf breite Zustimmung.

Schon dreimal war die GD Gesellschaft für Dermopharmazie mit einer Veranstaltung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn zu Gast. Nachdem sie 2003 als seinerzeit erste externe Organisation die Räumlichkeiten des Instituts für die Austragung ihrer 7. Jahrestagung nutzen durfte, begann mit einem Symposium am 21. Oktober 2008 zum Thema „Anforderungen an neue Rezepturbestandteile für Dermatika und Kosmetika“ auch eine inhaltliche Kooperation zwischen BfArM und GD. Mit dem Symposium am 27. Januar 2010 zum Thema „Development and regulatory aspects of topical dermatics today“ fand diese Zusammenarbeit eine gelungene Fortsetzung.

Regulatorische Anforderungen
in die Entwicklung einbeziehen


Dr. Jürgen Regenold, Badenweiler, empfahl den Vertretern der pharmazeutischen Industrie, im Entwicklungsprogramm eines Dermatikums frühzeitig einen offenen Dialog mit den Zulassungsbehörden zu führen und auf deren wissenschaftlichen Rat zu setzen. Der finanzielle Aufwand für eine solche Beratung lohne sich, weil auf diese Weise zeit- und kostenintensive Probleme im Vorfeld verhindert werden könnten.

Dr. Thomas Zapf vom BfArM appellierte an die anwesenden Industrievertreter, bereits in der frühen Phase der klinischen Entwicklung eines neuen Dermatikums die regulatorischen Rahmenbedingungen zu beachten. Diese wollten keine Hürde auf dem Weg zur Zulassung darstellen, sondern seien vielmehr eine Hilfestellung. Durch eine anspruchvolle strategische Planung anstelle eines rein empirischen Ansatzes ließen sich viel Zeit und Geld sparen.

Als wichtige regulatorische Rahmenwerke nannte Zapf die EU Direktiven 2001/83/EC und 2003/63/EC, die Arzneimittelprüfrichtlinien, die ICH- und CPMP-Leitlinien (vor allem CPMP/QWP/155/96 und CPMP/SWP/2145/00), das europäische Arzneibuch, die Empfehlungen des BfArM sowie die Arznei- und Wirkstoffherstellungsverordnung.

Dr. Britta Tofern-Reblin vom BfArM wies auf die Fehler hin, die ihr immer wieder bei der Bearbeitung eingereichter Qualitätsdossiers begegneten. Als Beispiele nannte sie unzureichende Erklärungen zur Funktion der eingesetzten Hilfsstoffe, fehlende Belege für die Auswahl der Konservierungsmittelkonzentration sowie unzureichende Stabilitäts- und Homogenitätsdaten. Zudem würden Degradationsprodukte des Wirkstoffs häufig nicht genügend spezifiziert.

Behördliche Leitlinien für
Phase I-Studien fehlen


In weiteren Vorträgen des Symposiums wurden die Rahmenbedingungen für die klinische Prüfung topischer Dermatika dargestellt. Voraussetzung für die spätere Zulassung sind klinische Untersuchungen der Phasen I bis III. Nach der Zulassung geben weiterführende Studien, wie Phase IV-Studien oder nichtinterventionelle Studien, Aufschluss über Erfahrungen mit dem Medikament im klinischen Alltag.

In Phase I-Studien geht es vor allem darum, das Irritations- und das Sensibilisierungspotenzial eines Arzneimittelkandidaten festzustellen sowie dessen phototoxisches und photoallergisches Potenzial zu ermitteln. „Phase I-Studien bilden die Grundlage für eine verantwortliche und sichere klinische Entwicklung in späteren Phasen“, sagte Privatdozent Dr. Joachim Fluhr, Berlin.

Privatdozent Dr. Joachim Fluhr, Berlin, erklärte, dass Phase I-Studien die Grundlage für eine verantwortliche und sichere klinische Entwicklung in späteren Phasen darstellten. Wenn Sicherheitsprobleme frühzeitig erkannt würden, spare das Entwicklungszeit und Kosten.

Wenn Sicherheitsprobleme frühzeitig erkannt würden, spare das Entwicklungszeit und Kosten, betonte Fluhr. Da es derzeit weder von der amerikanischen (FDA) noch von der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) Leitlinien zu Phase I-Studien gibt, verfügten die Herstellerfirmen oftmals nicht über rationale Studiendesigns, die den Erwartungen der Zulassungsbehörden entsprechen.

Fluhr stellte deshalb in seinem Vortrag Basis-Studiendesigns zur Erfassung von Sicherheitsparametern bei potenziellen topischen Dermatika vor. Erschwerte Studienbedingungen, wie etwa Okklusion, stellen dabei sicher, dass mögliche Sicherheitsprobleme nicht übersehen werden.

Phase II-Studien haben
wegweisenden Charakter


Phase II-Studien untersuchen die therapeutische Effizienz eines potenziellen Arzneimittels und seine relative Sicherheit, betonte Dr. Betsy Hughes-Formella, Hamburg. Die zwei wichtigsten Ziele eines erfolgreichen Phase II-Programm, das meist explorativen Charakter hat, sind der Machbarkeitsnachweis (Proof-of-Concept) und die Dosisoptimierung.

Dr. Betsy Hughes-Formella vom Institut Bioskin in Hamburg appellierte an die Symposiumsteilnehmer aus der pharmazeutischen Industrie, die Ergebnisse von Phase II-Studien ernst zu nehmen. Häufig entscheide sich in diesen Studien, ob die „Schlacht um ein Medikament gewonnen“ werde oder nicht.

Daneben dient ein solches Studienprogramm der Evaluation von Studienendpunkten, therapeutischen Regimes und der Zielpopulation. Auch die Indikation und die Einschluss-/Ausschlusskriterien für spätere Phase III-Studien können hier ermittelt und die Sicherheitsparameter festgelegt werden.

Hughes-Formella appellierte an die Zuhörer, die Ergebnisse von Phase II-Studien ernst zu nehmen, denn in diesen Studien entscheide sich häufig, ob die „Schlacht um ein Medikament gewonnen“ werde oder nicht. Der Rat der Wissenschaftlerin: „Gehen Sie nie in Phase III, wenn Sie in Phase II keine gute Dose-Response-Beziehung gefunden haben“.

Als Mitarbeiterin des BfArM und Mitglied der GD ist die Dermatologin Dr. Myrjam Dorothea Straube ein wichtiges Bindeglied zwischen den beiden Organisationen. Bei dem Symposium am 27. Januar 2010 war sie als Vorsitzende einer Vortragssitzung tätig. Sie wies darauf hin, dass ein offener Dialog zwischen allen, die an der Entwicklung und Zulassung topischer Dermatika beteiligt sind, auch deshalb sinnvoll ist, weil die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Zulassung topischer Dermatika in vielen Punkten Ermessensspielraum bieten.

Phase III-Studien sind sehr
zeit- und kostenaufwändig


Wenn Proof-of-Concept und Dosisoptimierung in Studien der Phase II erfolgreich abgeschlossen wurden, müssen die Wirksamkeit und die Sicherheit eines neuen potenziellen Arzneimittels in mindestens einer weiteren Studie mit einer ausreichend großen Anzahl an Patienten bestätigt werden. Das ist die Domäne der Phase III-Studien.

Diese Studien, die für eine Zulassung obligat sind, verursachen laut Professor Dr. Klaus Wilhelm, Schenefeld, in der Regel den höchsten Zeit- und Kostenaufwand im Arzneimittel-Entwicklungsprozess. Wegen ihrer Größe und Komplexität bedürften Phase III-Studien nicht nur einer regulatorischen und dermatologischen Expertise, sondern auch eines effizienten Projektmanagements.

Zum Projektmanagement gehöre die Arbeitskoordination eines interdisziplinären Teams von Datenmanagern, Statistikern, Monitoren, Prüfärzten, Krankenschwestern und administrativem Personal. Wilhelm empfahl, vor der Durchführung einer Phase III-Studie eine umfangreiche wissenschaftliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Auch nach der Zulassung
sind Studien wichtig


Mit der Zulassung und Markteinführung eines neuen topischen Dermatikums ist der Entwicklungsprozess noch nicht abgeschlossen. Zulassungsstudien der Phase III werden nur bei einer limitierten Zahl an Patienten (meist 1.000 bis 3.000) durchgeführt, die aufgrund strenger Auswahlkriterien in die Studie aufgenommen werden.

Wie Dr. Ernst Blümner, Frankfurt/Main, berichtete, ist die Anzahl der eingeschlossenen Patienten in der Regel zu gering, um seltene Nebenwirkungen zu erfassen. Da zudem die Beobachtungszeit vergleichsweise kurz ist und Langzeiteffekte demnach kaum erfasst werden können, würden heute vermehrt auch nach der Zulassung noch Studien durchgeführt.

Dabei handelt es sich entweder um interventionelle Phase IV-Studien mit dem Medikament in seiner zugelassenen Indikation oder um nichtinterventionelle Studien (meist Anwendungsbeobachtungen). Während erstere meist der Feststellung seltener Nebenwirkungen dienen, überprüfen letztere den Einsatz des Medikaments unter Alltagsbedingungen bei nicht durch Studienprotokolle vorselektierten Patienten.

Blümner betonte die Wichtigkeit solcher Erhebungen, erwähnte jedoch auch, dass deren Informationsgehalt im Vergleich zu Studien früherer Phasen eingeschränkt sein kann. Dies gelte insbesondere für nicht kontrollierte Studien. Blümner: „Solche Studien sind nützliche Werkzeuge in der klinischen Forschung, doch sie müssen gut geplant, gut durchgeführt und gut interpretiert werden.“

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