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  Ausgabe 1 (2013)

Autorenbeitrag
Qualitätssiegel zur Hautverträglichkeit von Kosmetika – Übersicht und Bewertung

Autorenbeitrag von Dr. Wolfgang Matthies, Düsseldorf

Hintergrund


Die EU-Richtlinie 76/768/EEC regelt den Verkehr mit kosmetischen Mittel in Europa seit Mitte der 70er Jahre. Seinerzeit sollte zunächst eine gemeinsame Basis zur Vereinheitlichung der bis dahin sehr unterschiedlichen Regelungen der Länder geschaffen werden. In zahlreichen Ergänzungen wurde die Richtlinie dann im Laufe der Jahre weiter entwickelt. Alle Länder der EU setzten die Regelungen der Guideline jeweils in lokales Recht um, wodurch inzwischen eine sehr weitgehende Harmonisierung des Kosmetikrechts in der EU erreicht wurde.

Die Richtlinie besteht im Wesentlichen aus einer Definition des kosmetischen Mittels über den Zweck im Gebrauch, aus einer Generalverpflichtung des Vertreibers, nur Produkte in den Markt zu bringen, die verträglich sind – schon seit 1976 hieß es: „Cosmetic products put on the market within the Community must not be liable to cause damage to human health when they are applied under normal condition of use” (Council Directive 76/768/EEC of 27 July 1976, art.2) –, und als neuere Verpflichtung, diese Verträglichkeit über eine Sicherheitsbewertung durch einen Experten nachzuweisen. Als konkreten Leitfaden liefert die Richtlinie in ihren Anhängen Listen, in denen Stoffe aufgeführt sind, die in kosmetischen Mitteln für bestimmte Zwecke eingesetzt werden dürfen oder die Einschränkungen unterliegen Die letzte große Anpassung erfolgte mit der EU-Verordnung 2010 (Website: http://eur-lex.europa.eu).

Schon Mitte der 90er Jahre wurde durch die Europäische Kommission mit dem SCC (Scientific Committee on Cosmetic Products) beziehungsweise dem SCC-NFP (Scientific Committee on Cosmetic Products and Non-food Products) ein wissenschaftliches Gremium geschaffen, dass die Sicherheit einzelner Stoffe und der Fertigprodukte diskutierte und sich in den Jahren 1997 bis 2004 intensiv mit der Problematik toxikologischer Bewertungen einzelner Stoffe befasste. Für viele Stoffe wurden in dieser Zeit Bewertungen erstellt und als „Opinions“ veröffentlicht. Heute stellen diese Bewertungen die Basis der Stofflisten dar, die die Nutzung in kosmetischen Mitteln in den Anhängen der Richtlinie regeln.

Als Nachfolgeorganisation des SCC-NFP wurde dann das SCCP (Scientific Committee on Consumer Products) geschaffen, dass nach 2009 in SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety) umbenannt wurde und heute das Gremium für die laufende Sicherheitsdiskussion über Stoffe und spezielle toxikologische und allgemeine Fragestellungen darstellt (Website:http://ec.europa.eu /health /scientific_committees/consumer_safety/members_wg/index_en.htm).

Von besonderer Bedeutung für die Diskussion der Bedeutung von Qualitätssiegeln zur Hautverträglichkeit von Kosmetika ist die Entwicklung, die die Anforderungen an die Sicherheitsbewertung eines kosmetischen Mittels im Lauf der Jahre genommen haben. Vor 1985 wurden Prüfungen eines kosmetischen Mittels typischerweise als Gesamtformulierung durchgeführt. Dieser Vorgehensweise lag die Überzeugung zugrunde, dass die Prüfung des Fertigproduktes am besten die Wirkungen der Gesamtformulierung mit allen möglichen Interaktionen von Stoffen im fertigen Gemisch anzeigen würde. Damals war bei vielen großen Firmen noch eine toxikologische Versuchsabteilung eine Standardeinrichtung.

Die Änderungen des Tierschutzrechts und der Wunsch nach Rationalisierung brachten zunächst den Wegfall der Tierversuche: Statt dessen entstanden ab Anfang der 90er Jahre dann häufig Probandenstationen mit Prüf- und Messeinrichtungen als Teil der internen Laborausstattung. Diese Entwicklung brachte eine Nachfrage nach dermatologischen Prüfungen mit einer Vielzahl an Designvorschlägen für Prüfoptionen am Menschen hervor. 1995 /96 wurden dann auch auf europäischer Ebene (COLIPA) (www.colipa.com) Richtlinien zur Prüfung kosmetischer Mittel am Menschen entwickelt, um zumindest eine Basisorientierung für Standardabsicherungsstrategien anzubieten.

Nachdem allerdings auf EU-Ebene durch die Arbeit des SCC-NFP eine mehr toxikologisch und auf Einzelstoffbewertung abgestellte Strategie der Sicherheitsbewertung diskutiert wurde, nahmen die folgenden Änderungen der EU-Kosmetikgesetzgebung den Gedanken der rechnerischen Bewertung der Einzelstoffe einer Formulierung als Grundprinzip auf und verwarfen damit gleichzeitig die Notwendigkeit, ein kosmetisches Mittel als Gesamtformulierung am Menschen prüfen zu müssen. Statt dessen wurde die Sicherheitsbewertung zu einer Expertenleistung.

Heute übernimmt ein Sicherheitsbewerter die Aufgabe, mit einschlägiger Expertise Daten zu sichten und zu bewerten, die sich zum Beispiel auf kalkulierte Sicherheitsspannen, auf Daten zu einzelnen toxikologischen Endpunkten und auf generelle Erfahrungen von Referenzrezepturen stützen. Dagegen wurde im aktuellen Gesetz auf eine explizite Forderung nach Prüfungen am Menschen verzichtet. Im Gegenteil wurden im politischen Umfeld alle Bemühungen gefördert, durch Alternativen in der Bewertungsstrategie die Prüfungen am Menschen wie zuvor die Prüfungen am Tiermodell zu ersetzen und komplett verzichtbar zu machen. Seit 2013 sind Prüfungen an Tieren mit Grundstoffen für die Nutzung in kosmetischen Mitteln komplett entfallen.

Statuserhebung


Auf dem deutschen Markt finden sich heute diverse Einrichtungen von Prüfleistungen am Menschen, die für die Bewertung der Sicherheit und Verträglichkeit Modelle und Testdesigns anbieten. Wenige große Hersteller kosmetischer Mittel haben noch eigene Prüfkapazitäten, die unabhängig arbeiten können. Daneben gibt es diverse professionelle Prüfinstitute, die schwerpunktmäßig Studien am Menschen durchführen, wobei die besondere Expertise sich von Institut zu Institut unterscheiden kann.

Letzteres ist besonders bei der Wahl der Prüfmethoden, der Messinstrumente und der statistischen Modelle der Fall (professionelle Auftragstestinstitute, universitäre Einrichtungen, Dermatologen oder andere Ärzte). Daneben gibt es Institutionen, die sich aus eigener Regie mit Beurteilungen von Marktprodukten beschäftigen und mit eigenen Kriterien die Qualität von Produkten aller Art, auch Kosmetika, bewerten (zum Beispiel Öko-Test und Stiftung Warentest).

Praktisch alle Anbieter sind bereits seit zehn oder mehr Jahren in Geschäftfeld tätig. Sie haben dadurch die Entwicklungen der Kosmetikgesetzgebung erlebt und zum Teil auch aktiv mitgestaltet. Daher besteht durchgehend eine breite Erfahrung und hohe Kompetenz bezüglich der Durchführung von Studien mit Probanden, der Entwicklung und Bewertung von Prüfdesigns für Standardfragestellungen sowie der Optionen zur Beantwortung spezieller experimenteller und klinischer Fragestellungen. Institute für Markttestungen sind ebenfalls seit Jahren im Geschäft und nehmen einen festen Platz in der Qualitätsdiskussion kosmetischer Mittel ein, auch wenn sie nicht über eigene Prüfkapazitäten verfügen, sondern eher durch die Wahl eigener Bewertungskriterien und Auswertungsstrategien auffallen.

Die Bewertung der Verträglichkeit und Sicherheit zu prüfender Produkte findet meist in Kooperation mit dem Auftraggeber statt, wobei die endgültige Sicherheitsbewertung durch den Sicherheitsbewerter des Auftragsgebers erfolgt und meist nicht Teil der Leistung des Prüfinstituts ist. Die Differenzierung von Prüfangeboten erfolgt typischerweise zunächst über die Wahl der Probanden und Prüfparameter sowie gegebenenfalls auch über das Angebot an Messgeräten und die Auswahl des Designs spezieller Prüfanordnungen. Als weitere Differenzierungsoption hat sich die Beratung bei Teststrategien und die Unterstützung von Produktauslobungen durch das Prüfinstitut herausgebildet. Die am weitesten entwickelte Form einer solchen Auslobungsunterstützung ist die Verleihung von Qualitätszertifikaten beziehungsweise Qualitätssiegeln.

Testeinrichtungen, die in eigener Regie Marktprodukte aus ökologischer oder technischer Sicht vergleichen und bewerten, zielen dagegen vor allem durch die Wahl Ihrer Kriterien auf eine Differenzierung der Produkte. Auch die Ergebnisse dieser Bewertungen werden von Firmen für Produktauslobungen verwendet und sind daher ebenfalls in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Die Erhebung des Status an vorhandenen Varianten solcher Auslobungsunterstützungen und Qualitätssiegel im Markt erfolgte durch zwei Methoden: Zunächst wurden in Publikumszeitschriften und im Internet typische Werbeanzeigen für Kosmetika auf Aussagen zur Produktverträglichkeit gesucht. Dabei wurde der Schwerpunkt auf die qualitative Sammlung der Varianten gelegt. Zugleich wurde versucht, orientierend einen Zusammenhang zwischen Produkttyp und Auslobungsart zu finden.

Zweitens wurde an 20 Institute und klinisch tätige Dermatologen in Deutschland ein Fragebogen mit je 100 Fragen geschickt, der die Einstellung zur Verwendung von Auslobungsunterstützungen und speziell zu Qualitätssiegeln abfragen sollte. Die Fragen waren mit ja oder nein zu beantworten und gaben, nach Themenblöcken geordnet, Auskunft über bevorzugte oder nicht bevorzugte Nutzung solcher Instrumente. Sofern ein Institut oder Dermatologe keine Auskunft per Fragebogen geben wollte, war auch eine formlose Darstellung der Meinung per Interview oder schriftliche Stellungnahme möglich. Da es sich um eine explorative Untersuchung handelte, wurde auf jegliche statistische Berechnung verzichtet.

Ergebnisse


Was findet man heute an Auslobungsstrategien zur Verträglichkeit auf dem Markt in Deutschland beziehungsweise im deutschsprachigen Raum? Die Recherche im Internet ergab zum Beispiel auf die Frage nach „Dermatologisch geprüft“ fast 4,5 Millionen Treffer. Das kann nur heißen, dass der Begriff inzwischen eine hohe Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erreicht hat. Dabei stellt sich die Frage, was eigentlich unter „dermatologisch getestet“ verstanden werden soll:

Der erste angezeigte Treffer war ein Bericht der Zeitschrift „Ökotest“ zum Thema Dermatologie, der eingeleitet wurde mit dem Satz: „Dermatologisch getestet" oder "in Kliniken bewährt": Auf kaum einem Kosmetikum fehlen solche oder ähnliche Hinweise. Doch wer meint, damit ein besonders gutes Produkt zu kaufen, der irrt. Denn die lobenden Angaben sind schlichtweg Selbstverständlichkeiten.“ (Test [F1003] vom 18. März 2010). Der zweite Treffer definierte das Wort „dermatologisch“ in dem Begriff „Dermatologische Kosmetik“ als ein Qualitätsmerkmal (Lautenschläger, H., Kosmetische Praxis 2005 (5), 12-14).

Der dritte Treffer schließlich öffnete ein Forum, in dem sich ein Leser mit der Frage befasste, was genau nun „dermatologisch getestet“ heiße. Die Frage war noch nicht eindeutig beantwortet, was auch nicht verwundert, da die Vielzahl der inzwischen aufgetretenen Interpretation im Internet enorm ist. So definiert der IKW den Terminus als „geprüft durch einen Dermatologen“.

Auch im Stern-Forum spricht eine Verbraucherantwort von „…getestet durch einen Dermatologen“ und führt weiter aus: „Das Ergebnis sagt noch gar nichts, in der Regel werden aber Untersuchungen an Testpatienten durchgeführt und die Hautverträglichkeit getestet…“. Kritischer Kommentar: „Zunächst wird es auf Inhaltsstoffe geprüft, von denen bekannt ist, dass sie Nebenwirkungen haben können. Dann gibt es eine Testreihe mit freiwilligen Probanden. Diese nutzen die Stoffe und zeichnen mögliche Reaktionen auf. Getestet heißt aber noch nicht, dass der Test auch positiv abgeschlossen wurde.“

Der vierte Treffer zeigte eine Anzeige von Naturkosmetik: Nature Friends ist „ von einem unabhängigen Labor dermatologisch auf Hautverträglichkeit geprüft“. Schon diese kleine Auswahl zeigt die Variabilität der Auffassungen. „Dermatologisch getestet“ ist ein Begriff, der von Fachleuten und Verbrauchern durchaus gänzlich unterschiedlich verstanden wird: Er kann als Hinweis auf die Qualifikation der Arztes einer Prüfung, als Hinweis auf eine Prüfung an Probanden, an Patienten, als Prüfung auf Hautverträglichkeit oder als generelle Stofftestung an Probanden verstanden werden. Kritisch wird das Fehlen eines Hinweises auf das Ergebnis gesehen. Ähnlich ist die Situation mit den Varianten wie „ Dermatologisch geprüft“ oder „Klinisch getestet/geprüft“.

Als weitere Treffer folgten katalogartige Seiten von Produkten, die alle in Anspruch nahmen, dermatologisch geprüft oder getestet worden zu sein. Dabei geht die Spanne von Reinigungsprodukten über Pflegeprodukte der Haut zu Seifen, Ölen, Naturkosmetika aller Art, Handreinigern im Profibereich, Kondome, Nagel- und Hautschutzcremes, Heilsalben, Sonnenschutzprodukten, Desinfektionsprodukten, Antipilz- und Antischweißprodukten bis hin zu Sanitärreinigern und Feuchttüchern.

Selbst Farben zur Tätowierung und Dekoration aller Art sind heute als „Dermatologisch geprüft“ zu haben, und schon ist die Welt der kosmetischen Mittel verlassen, ohne dass irgendein Zeichen dem Verbraucher angezeigt hätte, dass hier bei ganz unterschiedlichen Qualitäten von Produkten Aussagen zur Produktleistung mit demselben Begriff definiert werden. Spätestens hier fällt auf, dass ein nach Fachsprache klingender Begriff völlig uneinheitlich verwendet wird.

Auslobungen als Textformat
Die traditionelle Auslobung „Dermatologisch getestet“ wird heute textlich durch diverse Varianten und Weiterentwicklungen ergänzt. Zunächst findet man diverse Formulierungen in Anlehnung an den alten Slogan: Gebräuchlich sind zum Beispiel Auslobungen wie „Dermatologisch geprüft“, „Von Dermatologen geprüft“ und „Auf Hautverträglichkeit geprüft“ mit und ohne Hinweis auf ein gutes Ergebnis. Dasselbe gilt für Formulierungen mit dem Wort „getestet“. Als Variante dessen können auch Formulierungen wie „klinisch geprüft“ oder „getestet“ gelten, die zwar nicht direkt auf dermatologische Fragestellungen deuten, aber meist doch in Zusammenhang mit Verträglichkeitsaspekten verwendet werden.

Auslobungen als Stempel
Als weitere Variante werden Stempel und Qualitätsaussagen auf Zertifikaten ausgedruckt publiziert. Hier handelt es sich um Darstellungen des Prüfinstituts zum Prüfresultat, die optisch an Urkunden erinnern. Dazu kann dem Ergebnis auch eine Bewertung zugeordnet sein, wie „besonders gut“, „Klasse 1“ oder ähnliches, die an eine definierte Skala zur Bewertung des Produktes denken lässt. Derartige Urkunden können in Form von Institutsurkunden durch das Prüfinstitut allein oder in Form von kombinierten Urkunden unter Nennung des Kunden und seines Produktes ausgeführt sein.

Auslobungen als Lizenzvereinbarung
Als besondere Variante hat ein Prüfinstitut inzwischen Lizenzen erfunden, die dem Produkthersteller als Ausdruck der attestierten Leistung des Produktes in einer Prüfanordnung erteilt werden. Mit Erteilung dieser Lizenz darf die Firma als Kunde auf der Website des Prüfinstituts erscheinen in der Reihe der Firmen mit erfolgreich geprüften Produkten. In diesem Fall wird auf die besonderen Qualitätsanforderungen zur Erlangung und Vergabe der Lizenz abgestellt, um die Besonderheit der Listung zu unterstreichen.

Auslobungen als Rankingergebnis
Eine andere Variante stellt die Prüfung durch ein „unabhängiges“ Institut dar. Hier werden keine Lizenzen vergeben, sondern Produkte vergleichend geprüft und nach mehreren Kriterien bewertet. Die Gesamtbewertung als Durchschnitt der Einzelwerte ergibt dann die Endnote und den Rangplatz. Interessant ist für den Hersteller die Option, die Note oder den Rangplatz werblich auszunutzen und das Produkt mit dem Siegel des „unabhängigen“ Prüfinstituts auszustatten.

Die vergleichenden Tests von Marktprodukten, die nach Kriterien des Instituts bewertet und dann in ein Ranking gebracht werden (mit „Gewinnern“ und „Verlierern“ oder Produkten mit guter Durchschnittsnote gegen Produkte mit schlechter Durchschnittsnote) basieren auf dem Versuch, den Kunden bei der Kaufauswahl eines Produktes zu unterstützen und ihm mithilfe verschiedener Auswahlkriterien die Wahl zu erleichtern. Letztlich spielt das Ergebnis eines derartigen Rankingtests natürlich auch für jeden Hersteller eine Rolle, sofern er mit seinen Produkten zu den ausgewählten geprüften Produkten gehört.

Die Befragung der Prüfinstitute, Sponsoren und Dermatologen ergab folgende Eindrücke:

Übereinstimmend wurden Ansprüche an Auslobungen erhoben, die eine wissenschaftliche Fundierung einer werblich verwendeten Aussage beinhalten. So sehen Dermatologen an Kliniken ihre Aufgabe in der wissenschaftlichen Beratung und gezielten Untersuchung, während bei professionellen Prüfinstituten sowohl der Anspruch auf wissenschaftliche Arbeitsweise als auch auf Standardisierung und ökonomische Attraktivität eine Rolle spielen kann. Hier ist also schon ein gewisses Spannungsfeld zwischen Wunsch und Machbarkeit zu finden.

Die Auswertungskompetenz wird sowohl beim Prüfer wie beim Sponsor der Prüfungen gesehen. Auffällig ist, dass größere Firmen als Sponsor mit eigenen Facheinrichtungen Wert auf die eigene unabhängige Bewertung der Daten legen und auch die Auslobungen nach Art und Form selbst festlegen. Dagegen sind kleinere Firmen eher geneigt, sich professioneller Expertise zu bedienen und sich auch an die Angebote „geliehener“ Expertise der Prüfinstitute zu binden, sei es in Form von Zertifikaten oder gar Lizenzen. Dabei fällt die Verantwortung über die Inhalte der fachlichen Bewertung formal beiden Partnern zu, wird aber durch die Aufmachung und tatsächliche Abwicklung der Prüf- und Bewertungsarbeiten mehr zu einer Leistung des Prüfinstituts.

Einzelne Stimmen auf Seiten von Prüfeinrichtungen sprachen vorzugsweise von Zertifizierung der Institutionen an sich. Das heißt, eine Zertifizierung wurde befürwortet, wenn sich die Prüfeinrichtung in ihrer Arbeitsweise und Organisation als DIN-ISO zertifiziert oder gemäß GCP Richtlinien zu arbeiten verpflichtete. Diese mehr indirekte Zertifizierung von Prüfleistungen zielt dann nicht auf die Produktleistung eines einzelnen Produktes ab, sondern auf die Leistungsfähigkeit des prüfenden Instituts und ist damit eher ein Verstärker der Glaubwürdigkeit von Prüfergebnissen dieser Einrichtung im Allgemeinen.

Diskussion


Die Verwendung von Termini ohne anerkannte Definition birgt ein großes Kommunikationsproblem. Wenn zum Beispiel in der öffentlichen Meinung einerseits „Dermatologisch getestet“ als Selbstverständlichkeit bezeichnet wird, während „Dermatologisch“ als Qualitätsmerkmal dargestellt wird, ist dem Laien die Unterscheidung kaum klar zu machen.

Es stellen sich diverse kritische Fragen, die auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden: Wie kann „Dermatologisch geprüft“ besondere Qualität anzeigen, wenn nur dargelegt wird, dass ein Dermatologe eine Testung durchgeführt hat, ohne dass auch ein Ergebnis mit günstigem Ausgang belegbar war? Wenn tatsächlich an „Testpatienten“ geprüft würde, welcher Krankheitsgrad wäre dann noch akzeptabel und welche Schlussfolgerung würde man aus dem Testergebnis ziehen dürfen? Wenn Stoffe geprüft würden, um mögliche Reaktionen aufzuzeichnen: Macht dann die Prüfung in einem unabhängigen Labor den Unterschied? Was heißt dann dort „Dermatologisch geprüft“, wenn gar kein Dermatologe im Institut vorhanden ist, was ja durchaus vorkommt? Die Fragen lassen sich beliebig fortsetzen, Antworten dagegen nur schwer definieren

Das größte Problem heute sind offenbar die völlig variablen Interpretationen, die gleichzeitig im Markt vorhanden sind und die Fachkommunikation vollständig unmöglich machen. Es fehlen plausible und akzeptierte Richtlinien und Definitionen, an denen sich das Publikum orientieren könnte. Ohne eine solche Richtlinie entwickeln sich automatisch viele mehr oder weniger nachvollziehbare Interpretationen für denselben Sachverhalt oder Begriff.

Zusammenfassung


Die Gesetzgebung für die Regelung des Verkehrs mit kosmetischen Mitteln stellt schon seit den 70er Jahren die Grundforderung auf, nur verträgliche Formulierungen und Produkte in den Markt zu bringen. Nachdem die Rahmenbedingungen sich für die Hersteller und Vertreiber über die Jahre stetig verändert haben und die Überprüfung der Produktverträglichkeit nicht mehr obligat am Endprodukt stattfindet, sondern durch Kalkulation der toxikologischen Eigenschaften der Inhaltsstoffe nachgewiesen werden kann, sind auch Prüfungen der Endprodukte am Menschen nicht mehr als Basisuntersuchung zu verstehen, sondern werden als Sonderleistungen angesehen und in manchen Fällen dann auch entsprechend werblich positioniert.

Vor diesem Hintergrund ist im Markt eine Vielfalt von Auslobungsvarianten entstanden, die sich in Form und Inhalt sehr unterscheiden und für den Verbraucher kaum verständlich sind. Im Gegenteil erwecken manche der Auslobungen durch Qualitätszertifikate und vergleichende Leistungsbeschreibung den Eindruck, wissenschaftlich begründet besondere Güte von Produkten darzustellen, ohne dass dieser Anspruch sich aus den dahinter stehenden Systemen und Konzepten beweisen ließe.

Vielfach wird sogar auf die einfache Darstellung der durchgeführten Methodik durch den Auslobenden verzichtet, was es dem Leser und Kunden extrem erschwert oder unmöglich macht, auch nur ansatzweise die Bewertungen nachzuvollziehen. Dazu kommt, dass aus Kostengründen Prüfleistungen gern mit minimalem Aufwand betreiben werden, was natürlich die Aussagekraft einer Prüfung limitiert und die Generalisierung des Ergebnisses einer Studie unmöglich macht.

Wenn dennoch Ergebnisse aus Studien zur Auslobung einer besonderen Produktleistung werblich verwendet werden, kann das aus Sicht des Verbrauchers nur dann überzeugen, wenn die Bedingungen der Prüfung nachvollziehbar sind, im Ergebnis auch eine besondere Leistung bewiesen werden konnte und die Daten soweit dem Leser verfügbar gemacht werden, dass er den logischen Prozess vom Studienergebnis bis hin zum Auslobungstext nachvollziehen kann. Mit anderen Worten: Kommunikation mit dem Verbraucher findet nur dann sinnvoll statt, wenn er die Hintergründe der Auslobung komplett nachvollziehen und für sich selbst Vergleiche mit anderen Produkten herleiten kann.

Dazu bedarf es festgelegter Konventionen für die Darstellung von Produktleistungen: Wenn ein Terminus wie „Dermatologisch geprüft“ eine zusätzliche Information darstellen soll, muss dem Kunden klar sein, was genau er sich unter diesem Terminus vorzustellen hat. Das kann zum Beispiel per gesetzlicher Vorgabe, per branchenüblicher Definition, per Einzelfalldefinition durch den Auslobenden oder durch ein System von Auslobungssymbolen für Qualitätslevel (Klasse „A“ bis „x“) erfolgen. Ohne eine Vereinheitlichung bleibt jeder Versuch, mit Auslobungen zusätzliche Information „an den Mann“ zu bringen, ein individueller Versuch mit unklarem Erfolg und/oder Misserfolg.

Der Versuch, Zertifikate und Qualitätssymbole als zusätzliche „Versicherung“ der Hersteller oder des Kunden im Umgang mit kosmetischen Mitteln einzuführen, folgt der Logik der Differenzierung und der Werbung mit Qualität: Hier stände der Nutzen außer Frage, wenn ein vollständig transparentes System der angelegten Kriterien dem Verbraucher die Vorteile beweisen würde.

Das allerdings ist ein hoher Anspruch, dem heutige Systeme wohl noch nicht genügen:

* Wir finden keine wirklich unabhängigen Institutionen, die ohne eigenes Interesse nur im Interesse des Verbrauchers Produkte flächendeckend und fachlich unbeeinflusst prüfen und bewerten könnten.

* Wir finden keine Kriterien und Prüfverfahren, die dem Anspruch auf statistisch signifikante Aussagen genügen würden und gleichzeitig bezahlbar wären.

* Wir finden keine Übereinkunft im Markt, auf unsachgemäße Werbung zu verzichten und sich dem bloßen Gesetzesanspruch hinsichtlich der ohnehin zu erbringenden Verträglichkeit eines kosmetischen Mittels zu verpflichten.

Stattdessen zeigt sich in einem pluralistischen System der Vielfalt und Variabilität, wie bunt ein Markt sich entwickeln kann, wenn Raum für Gestaltung vorhanden ist. Mag sein, dass auch das eine besondere Eigenschaft des Kosmetikmarktes ist, bunte Vielfalt zu erzeugen und nach Möglichkeit zu erhalten. Es wird in jedem Fall von großem Interesse sein, die weiteren Entwicklungen zu beobachten. Zu wünschen wäre eine Richtung, die dem Kunden mehr Transparenz und mehr echte Entscheidungshilfe offeriert.

Referenzen


1. Council Directive 76/768/EEC, dazu Amendments, EU Kosmetik Verordnung 2010, Website: http://eur-lex.europa.eu

2. European Commission, Health and Consumers, Website: http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/consumer_safety
/members_wg/index_en.htm

3. Cosmetics Europe (früher: COLIPA), Website: https://cosmeticseurope.eu
/index.php beziehungsweise www.colipa.com

4. IKW e.V., Website: http://ikw.org/

5. Lautenschläger, H.: Kosmetische Praxis 2005 (5), 12-14

Kontaktdaten und Lebenslauf des Verfassers

Matthies_2013
Dr. med. Wolfgang Matthies
SBM Consulting
Händelstr. 69
D-40593 Düsseldorf
Tel.: +49(0)173/5872984
E-Mail: sbmcons@web.de

Wolfgang Matthies studierte Volkswirtschaft und Medizin an der Universität Hamburg. Dort wurde er nach Abschluss seiner Approbation als Arzt in Immunologie und Virologie zum Dr. med. promoviert und begann 1985 eine Tätigkeit in der klinischen Forschung bei der Firma Beiersdorf in Hamburg.

1987 wechselte er zur Firma Henkel nach Düsseldorf, wo er in der Biologischen Forschung zunächst die Grundlagen der Toxikologie erlernte und dann eine experimentelle dermatologische Versuchsabteilung aufbaute. Zunächst wurden schwerpunktmäßig Probandenstudien in Standard- und Spezialdesigns angeboten, später kam ein Labor für In-vitro-Untersuchungen an Hautzellen und Hautmodellen dazu. Hauptkunde war seinerzeit die kosmetische Forschung und Entwicklung von Henkel-Schwarzkopf.

Später beschäftigte er sich mit der Forschung und Entwicklung für Waschmittel und Spezialprojekte, um dann ab 2005 eine beratende Tätigkeit für die Firma Ecolab anzubieten.

2009 schied er als medizinischer Berater bei Henkel und Ecolab aus und machte sich ab 2010 selbstständig mit dem Schwerpunkt Sicherheitsbewertung und Organisation von Produktsicherheitssystemen.

Seither ist Dr. Matthies in Düsseldorf und München in der Beratung für mittlere und kleinere Firmen der Industrie mit den Schwerpunkten Pharmasicherheit und allgemeine Produktsicherheitssysteme tätig.


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