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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 1 (2013)

Dermopharmazie und Recht
„DermoLaw“ – Rechtliche Fallstricke in der Dermopharmazie
Selektive Vertriebsverträge zu Kosmetika können kartellrechtliche Probleme aufwerfen

Bericht von Katharina Icke, Düsseldorf

Im Rahmen der 17. Jahrestagung der GD Gesellschaft für Dermopharmazie vom 21. bis 23. März 2013 in Mainz wurde unter dem Titel „DermoLaw“ erstmals ein eigenes Seminar zu rechtlichen Fallstricken in der Dermopharmazie ausgetragen. Unterstützt wurde die Veranstaltung von Baker & McKenzie, Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors, die der GD seit Kurzem als förderndes Mitglied angehört. Eines der Themen des Seminars waren selektive Vertriebsverträge zu Kosmetika, die Rechtsanwalt Dr. Nicolas Kredel von Baker & McKenzie unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten bewertete. Wie wichtig die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften in solchen Verträgen ist, zeigt die am 31. Juli 2013 bekannt gewordene Entscheidung des Bundeskartellamts, gegen die Firma Wala Heilmittel GmbH und verantwortliche Mitarbeiter des Unternehmens eine Geldbuße von 6,5 Millionen Euro wegen der vertikalen Preisbindung von Produkten der Kosmetikserie „Dr. Hauschka“ zu verhängen.


Viele Kosmetikhersteller vertreiben ihre Produkte ausschließlich über ausgewählte Apotheken oder andere ausgewählte Absatzstätten in Form eines sogenannten selektiven Vertriebssystems. Dazu werden oftmals zwischen den Herstellern und den Apotheken beziehungsweise den sonstigen Absatzstätten spezielle Depotverträge geschlossen.

Apotheken-Depotverträge
sind kartellrechtlich brisant


Depotverträge, die mit Apotheken geschlossen werden, sehen regelmäßig vor, dass diese ein „repräsentatives Kernsortiment“ in „ausreichender Menge“ führen und das Produktsortiment als „geschlossenen Markenblock“ präsentieren müssen. Verstöße gegen diese Regelungen werden oftmals mit Liefersperren sanktioniert.

Bestimmte Regelungen in den Depotverträgen können jedoch gegen das Kartellrecht verstoßen. Die Verträge stellen somit sowohl für den Hersteller als auch für die beteiligten Apotheken ein gewisses Risiko dar. Bei kartellrechtswidrigen Vereinbarungen drohen unter Umständen Bußgelder in einer Höhe von bis zu zehn Prozent des gesamten Firmenumsatzes.

Letzteres gilt unabhängig davon, ob sich die Apotheken an die seitens des Herstellers bezweckten Beschränkungen halten oder nicht. Auch Unkenntnis von kartellrechtswidrigen Bestimmungen schützt nicht vor möglichen Bußgeldsanktionen.

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Gelebte fachübergreifende Kooperation: Im Rahmen der 17. GD-Jahrestagung wurde unter dem Titel „DermoLaw“ erstmals ein Seminar zu rechtlichen Fallstricken in der Dermopharmazie ausgetragen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Rechtsanwalt Dr. Frank Pflüger, Partner der Sozietät Baker & McKenzie, Frankfurt/Main (links), und Apotheker Dr. Joachim Kresken, Viersen, dem Vorsitzenden der GD.

Der Kosmetikbereich steht im
Fokus der Kartellbehörden


Das Bundeskartellamt untersucht gegenwärtig verstärkt die Einhaltung kartellrechtlicher Grundsätze im Kosmetikbereich. So wurde mit Entscheidung vom 18. März 2013 ein Bußgeld in Höhe von 39 Millionen Euro gegen verschiedene Hersteller von Markendrogerieartikeln verhängt (Aktenzeichen: B 11 – 17/06).

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich bereits mit Apotheken-Depotverträgen zu Kosmetika befasst. So hat er im Rahmen seiner „Pierre Fabre–Entscheidung“ vom 13. Oktober 2011 (Aktenzeichen: C – 439/09) entschieden, dass ein absolutes Verbot des Internetvertriebs, das selbst den „passiven Verkauf“ von Kosmetika verbietet, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Unter „passiven Verkäufen“ werden insbesondere unaufgeforderte Bestellungen einzelner Kunden verstanden.

Der EuGH begründete seine Entscheidung unter anderem mit dem aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht nur schwer nachvollziehbaren Argument, dass eine individuelle Beratung durch eine Präsenzapotheke – etwa zum Scutz vor allergischen Reaktionen – nicht unbedingt erforderlich sei. Das Risiko des Fehlgebrauchs eines Kosmetikums könne auch durch die Verwendung „interaktiver Elemente im Internet“ verhindert werden.

Vor dem Hintergrund der aktuell zahlreichen über das Internet vertriebenen Arzneimittelfälschungen überrascht auch das Argument des EuGH, dass das Risiko, beim Bezug über das Internet ein gefälschtes Produkt zu erhalten, nicht zwingend höher sei als beim Bezug über eine Präsenzapotheke. Zudem dürfe das Markenimage nicht als „legitimes Ziel zur Beschränkung des Wettbewerbs“ herangezogen werden.

Kredel_2013In einem beeindruckenden Vortrag im Rahmen der 17. GD-Jahrestagung veranschaulichte Rechtsanwalt Dr. Nicolas Kredel, Partner der Sozietät Baker & McKenzie, Düsseldorf, die kartellrechtliche Bedeutung von selektiven Vertriebsverträgen zu Kosmetika.

Wie Kartellrechtsverstößen
begegnet werden kann


Die verpflichtende Vorgabe einer stationären Verkaufsstelle stellt jedoch nicht per se einen Kartellverstoß dar. Denn die Entscheidung des EuGH vom 13. Oktober 2011 bezieht sich nur auf Präsenzapotheken, die zusätzlich einen Internet-Shop betreiben. Ein Verbot des ausschließlichen Internetvertriebs ist somit unter bestimmten Umständen zulässig.

Auch die Vorgabe bestimmter Qualitätsanforderungen für den Internetauftritt ist nicht per se kartellrechtswidrig. Die Anforderungen dürfen jedoch nicht so gestaltet sein, dass sie zu einem faktischen Totalverbot des Internetvertriebs führen.

In diesem Zusammenhang gab Rechtsanwalt Dr. Nicolas Kredel in seinem Vortrag bei der 17. GD-Jahrestagung die Empfehlung, die jeweiligen Kosmetikprodukte unter Angabe realistischer Bereitstellungsfristen fotografisch darzustellen. Zudem sollten sichere Zahlungssysteme sowie eine Onlinekundendienststelle eingerichtet werden. Darüber hinaus seien auf Höchstmengen limitierte Einzelbestellungen sowie Verbote hinsichtlich der Nutzung von Internetseiten Dritter unter bestimmten Umständen möglich.

Trotz der genannten Möglichkeiten, Kartellverstößen zu begegnen, verbleiben jedoch Zweifelsfälle. So sind nach Einschätzung von Dr. Kredel Rabatte für Nachweise, dass Produkte nicht an den „Graumarkt“ vertrieben wurden, ebenso kritisch zu bewerten wie die Berechnung höherer Preise für reine Internethändler.

Kartellrechtlich zweifelhaft seien auch zeitlich länger als zwei Jahre andauernde Beschränkungen bei Produkteinführungen. Das Gleiche gelte für die Zahlung variabler Gebühren für Verkaufsbemühungen, die abhängig vom offline erzielten Umsatz erfolgen.

Ein aktueller Kartellrechtsfall
verdeutlicht das Problem


Ein aktueller Fall eines Kartellverstoßes in Form einer vertikalen Preisbindung ist durch eine Entscheidung des Bundeskartellamts vom 31. Juli 2013 bekannt geworden. Das Amt verhängte gegen die Firma Wala Heilmittel GmbH, Bad Boll, und verantwortliche Mitarbeiter des Unternehmens Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 6,5 Millionen Euro.

Dem Unternehmen wird vorgeworfen, über Jahre hinweg Händler unter Druck gesetzt und dazu verpflichtet zu haben, vorgegebene Endverbraucherpreise für Kosmetika der Marke „Dr. Hauschka“ zu befolgen. Das auf ausgewählte Apotheken, Parfümerien, Kosmetikstudios, Kaufhäuser und Bio-Supermärkte beschränkte Vertriebssystem habe der Durchsetzung der vertikalen Preisbindung gedient.

Vertikale Preisbindungen sind – in Abgrenzung zu unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers (UVP) – untersagt, da sie den Wettbewerb zwischen den Händlern unterbinden. Zudem können sie zu künstlich überhöhten Produktpreisen und damit zu einem Schaden beim Verbraucher führen.

Bei seinen Ermittlungen gegen die Firma Wala stellte das Bundeskartellamt fest, dass das Unternehmen mit mehreren bundesweit tätigen Fachhändlern unzulässige Absprachen über die Endverbraucherpreise getroffen und die Aufrechterhaltung bestehender Depotverträge von der Einhaltung der empfohlenen Preise abhängig gemacht hatte. Unterschreitungen der Preisvorgaben wurden mit Liefersperren sanktioniert.

Im Rahmen einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung verpflichtete sich das Unternehmen gegenüber dem Bundeskartellamt, die Depotverträge zukünftig so zu gestalten, dass sie nicht mehr als Instrument der vertikalen Preisbindung geeignet sind. Darüber hinaus sagte die Firma zu, alle Händler gleich zu behandeln und den Internetvertrieb nicht unzulässig zu behindern.

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