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Hautfabrik   Ausgabe 1 (2015)

Dermopharmazie und Recht
Juristische Fallstricke in der dermatologischen Therapie
Bei „off label“ eingesetzten Arzneimitteln
bestehen Risiken für Ärzte und Apotheker

Bericht von Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel

Wenn die zugelassenen Therapiemöglichkeiten bei einem Patienten ausgeschöpft sind, kommen zur medikamentösen Behandlung nur noch „off label“ eingesetzte Arzneimittel in Betracht. Dann stehen die medizinischen und pharmazeutischen Fragen im Vordergrund, doch dürfen die rechtlichen Aspekte nicht vergessen werden. Welche medizinischen und budgetären Haftungsfragen beim Off-label-Einsatz von Arzneimitteln in der dermatologischen Therapie zu beachten sind, erläuterte die Juristin Ilka Kemper vom Geschäftsbereich Recht des Klinikums der RWTH Aachen bei einem „DermoLaw“- Seminar im Rahmen der 18. GD-Jahrestagung im April 2014 in Berlin. Danach befinden sich die Ärzte bei der Verordnung von Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikationen in einer juristischen Grauzone des Arzthaftungs- und des Arzneimittelrechts. Zudem begründen unzulässige Verordnungen für den Arzt die Gefahr von Arzneimittelregressen und für den Apotheker die Gefahr von Retaxierungen durch die gesetzlichen Krankenkassen.


Der Off-label-Einsatz, also die Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb seiner Zulassung, berührt das Arzneimittel-, das Arzthaftungs- und das Krankenversicherungsrecht. Wenn die Anwendung im Rahmen einer Standardbehandlung erfolgt, greift das allgemeine Arzthaftungsrecht. Ist die Anwendung nur ein Heilversuch, gelten strengere Anforderungen. Weitere Sorgfaltspflichten sind bei klinischen Prüfungen zu erfüllen.

Der Arzt steht im Zentrum
der medizinischen Haftung


Zuwiderhandlungen sind für den Arzt strafrechtlich als Körperverletzung relevant und können außerdem zivilrechtliche Forderungen nach sich ziehen. Im Rahmen des allgemeinen Arzthaftungsrechts könne sich dies aus einem Behandlungsfehler ergeben, der als ungerechtfertigte Abweichung vom wissenschaftlichen Standard definiert sei, so Kemper.

Der Patient müsse ordnungsgemäß informiert werden, um wirksam in die Behandlung einwilligen zu können. Anderenfalls könne dem Arzt ein Überwachungs- beziehungsweise Aufklärungsfehler vorgeworfen werden. Zudem sei der Arzt verpflichtet, den pharmazeutischen Unternehmer über relevante Behandlungsfolgen zu unterrichten.

Weiterhin müsse der Arzt die Aufklärung des Patienten und den Behandlungsverlauf dokumentieren. Ein Heilversuch sei nur zulässig, wenn er wissenschaftlich plausibel ist und andere Therapien erfolglos verlaufen sind. Zudem müsse der Patient seine Einwilligung jederzeit widerrufen können.

Bei klinischen Studien müssen zudem die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eingehalten werden. Da solche Studien über den Einzelfall hinaus auf Erkenntnisgewinn zielen, müssen die zuständige Ethikkommission und die Bundesoberbehörde eingeschaltet werden.

Die budgetäre Haftung
betrifft auch den Apotheker


Bei Off-label-Therapien seien die gesetzlichen Krankenkassen im Grundsatz nicht zur Leistung verpflichtet, erklärte Kemper. Ausnahmen davon sind klinische Studien, Anwendungen gemäß Anlage VI der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses oder eine besonders begründete Anwendung.

Letzteres gilt jedoch nur für schwerwiegende Erkrankungen, für die keine andere Therapie verfügbar ist. Bei Krankheiten, die nur in Einzelfällen auftreten, reiche eine gewisse Plausibilität, weil dann naturgemäß keine Studien vorliegen können. Noch weiter sinke die Hürde bei in der Regel tödlichen Erkrankungen, wie das Bundessozialgericht in seinem so genannten Nikolaus-Beschluss entschieden hat.

Liegt keine der genannten Ausnahmen vor, könne die Krankenkasse den Arzt in Regress nehmen und gegenüber dem Apotheker die Kostenübernahme mit der Begründung verweigern, dass die Abgabe eines nicht zugelassenen Arzneimittels fehlerhaft sei. Dagegen könne der Apotheker jedoch Einspruch einlegen, wenn er anhand des Rezeptes nicht erkennen konnte, dass das Arzneimittel außerhalb der Zulassung angewendet werden sollte. Im Streitfall müsse dies mit einer Leistungsklage vor dem Sozialgericht geklärt werden.

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