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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 2 (2006)

Dermopharmazie aktuell

10. GD-Jahrestagung am 4. und 5. April 2006 in Münster

Breit gefächertes Programm an der Schnittstelle von Dermatologie und Pharmazie


Bericht von Susanne Wasielewski, Münster

Als erfolgreiche Koalition zwischen Dermatologie und Pharmazie, die Vorbildfunktion für die Politik habe, lobte Professor Dr. Thomas Luger die Gesellschaft für Dermopharmazie in seinem Grußwort zur Eröffnung der 10. GD-Jahrestagung am 4. und 5. April 2006 in Münster. Der Direktor der Universitäts-Hautklinik und Generalsekretär der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft hatte zusammen mit Professor Dr. Klaus Müller vom Institut für Pharmazeutische Chemie die wissenschaftliche Leitung der Tagung in der Stadt am Aasee übernommen, zu der sich mehr als 200 Fachbesucher aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Ungarn und Monaco zum interdisziplinären Informations- und Gedankenaustausch trafen.

Das breit gefächerte Programm der Tagung war ein Spiegelbild der inzwischen sehr vielfältigen Aktivitäten der GD. Außerdem vermittelte es Einblicke in die dermopharmazeutische Forschung der Universität Münster, die dort sehr intensiv sowohl in der Dermatologie als auch in der Pharmazie betrieben wird. Das wissenschaftliche Hauptprogramm, über das im Folgenden berichtet wird, reichte von dermopharmazeutischer Chemie, Biologie und Biochemie über Dermokosmetik bis hin zur Dermatopharmakologie und Dermatotherapie.

n weiteren Symposien und Mittagsseminaren ging es um Fragen der Gesundheitsökonomie in der Dermatologie, das Aknemanagement, dermokosmetische Konzepte und Wirkstoffe gegen Hautalterung, die Psoriasistherapie mit Biologics sowie um neue Ansätze zur Hautpflege bei juckenden Dermatosen. Außerdem fanden eine wissenschaftliche Posterausstellung und eine Abendveranstaltung statt, in deren Rahmen Professor Dr. Ralf Paus, Lübeck, über neue Erkenntnisse zur Behandlung des Haarausfalls informierte.


Professor Dr. Hans F. Merk, der Direktor der Universitäts-Hautklinik Aachen, war schon öfter bei Veranstaltungen der GD zu Gast. Bei der 10. GD-Jahrestagung wies er in einem Grundsatzreferat darauf hin, dass pharmakogenetische Aspekte bei der Erklärung unerwünschter Arzneimittelwirkungen an der Haut eine wichtige Rolle spielen.

Bedeutung der
Pharmakogenetik
Das wissenschaftliche Hauptprogramm begann mit einem Grundsatzreferat von Professor Dr. Hans F. Merk, Aachen, der erklärte, dass pharmakogenetische Aspekte bei der Erklärung unerwünschter Arzneimittelreaktionen an der Haut zunehmend wichtiger werden. Erbliche Varianten in der Reaktion auf Fremdstoffe werden als Polymorphismus bezeichnet, wenn bei mehr als ein Prozent der Bevölkerung ein veränderter Phänotyp vorliegt.

Die meisten bekannten Polymorphismen betreffen eine veränderte Aktivität von Enzymen (Oxidasen, Transferasen) und Transporterproteinen, die für den Metabolismus von Arzneistoffen verantwortlich sind. Ein Polymorphismus der N-Acetyltransferase-2 (NAT-2) führt dazu, dass Isoniazid bei Personen mit langsamer Acetylierung vermehrt Nebenwirkungen an der Haut hat. Bei schneller Acetyliererung kann dagegen wegen der Weiteroxidation zu hochreaktiven Substanzen eine Hepatitis ausgelöst werden.

Menschen, die das Sulfonamid Sulfamethoxazol langsam acetylierern, unterliegen einer größeren Sensibilisierungsgefahr, weil dann höhere Konzentrationen eines Nitroso-Derivats entstehen, das für die Allergie auf Sulfamethoxazol verantwortlich gemacht wird. Auf das Immunsuppressivum Azathioprin reagieren manche Patienten auch unter geringen Dosen mit toxischen Reaktionen wie einer Neutropenie. Diese Patienten weisen Mutationen auf, die zu einer verringerten ZellKonzentration des Purinmethylierenden Enzyms Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT) führen.

Zu beachten sind pharmakogenetische Aspekte auch in der dermatologischen Therapie. So berichtete Merk von einem Patienten, der nach topischer Applikation von 5-Fluorouracil aufgrund einer toxischen Agranulozytose eine Sepsis entwickelte. Ursache dafür war eine schlechte Metabolisierung von 5-Fluorouracil infolge einer zu geringen Aktivität der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPDH). Dieses Phänomen spielt bei etwa fünf Prozent der Bevölkerung eine Rolle.



Professor Dr. Thomas Luger, der Direktor der Universitäts-Hautklinik Münster, begrüßte in seiner Funktion als wissenschaftlicher Tagungsleiter die Teilnehmer der 10. GD-Jahrestagung.

Schädigen O/W-Emulsionen
die Hautbarriere?

Hydrophile Vehikelsysteme sind beliebt, weil sie kühlend wirken und kaum fetten. Wie sich offizinelle O/W-Emulsionen auf die Barrierefunktion der Haut auswirken, wurde in einer Untersuchung an 29 gesunden Probanden überprüft, deren Ergebnisse Professor Dr. Wolfgang Gehring, Karlsruhe, vorstellte.

Sieben Tage lang wurden vier hydrophile Emulsionen (Aqueous creme BP, Clioquinol Creme BP Grundlage, nichtionische hydrophile Creme DAB und hydrophile Hautemulsiongrundlage NRF S.25.) und eine amphiphile Emulsion (Basiscreme DAC) wiederholt angewendet. Im Vergleich zu unbehandelter Haut wurde der transepidermale Wasserverlust durch alle Zubereitungen signifikant erhöht, während gleichzeitig die Hornschichthydratation sank.

Die Effekte waren bei zusätzlichen Waschungen mit Natriumlaurylsulfat noch ausgeprägter. Als Ursache für die Störung der epidermalen Barriere machte Gehring die in den Zubereitungen enthaltenen Emulgatoren mit starkem Tensidcharakter verantwortlich.

Mit der Abnahme der epidermalen Barrierefunktion steigt auch die Penetrationsfähigkeit einzelner Arzneistoffe durch das Stratum corneum. Dies wurde für Hydrocortison mit allen hydrophilen und der amphiphilen Emulsion im Blanching-Test gezeigt.

Die durch hydrophile Vehikelsysteme auslösbare Störung der epidermalen Barriere kann insbesondere bei Personen mit empfindlicher Haut zu Problemen führen. Dennoch müssten zum Beispiel Patienten mit atopischer Dermatitis nicht generell auf hydrophile Emulsionen verzichten, da diese durch Zusätze von Glycerin oder Harnstoff hautfreundlicher gemacht werden könnten, resümierte Gehring.

Charakterisierung von
Lipid-Nanodispersionen
Lipid-Nanodispersionen sind komplex aufgebaute Trägersysteme, die für die Anwendung auf der Haut in Frage kommen, erklärte der pharmazeutische Technologe Dr. Wolfgang Mehnert, Berlin. Der Wirkstoff kann in unterschiedliche Kompartimente eingebaut sein. So findet man ihn in festen Lipid-Nanopartikeln beispielsweise gleichmäßig in der gesamten Lipidmatrix verteilt oder bevorzugt in oberflächennahen Bereichen oder auf der Partikeloberfläche.

Noch komplizierter ist die Wirkstoffverteilung in nanostrukturierten Lipid-Carriern, deren Lipidmatrix aus einer Mischung fester und flüssiger Lipide besteht. Hier wirkt das flüssige Lipid als zusätzliches Verteilungselement.

Die Lokalisation des Wirkstoffs im Trägersystem ist für dessen Freisetzung und Penetration in die Haut entscheidend. Die Methoden, die bisher zur Prüfung der Lokalisation von Wirkstoffen in Trägersystemen eingesetzt wurden, zum Beispiel die Kernresonanz-, die Elektronenspinresonanz- und die Fluoreszenzspektroskopie, sind apparativ sehr aufwändig und zum Teil an bestimmte Substanzeigenschaften gebunden.

Keine spezifischen Anforderungen an die Substanzen stellt die parelektrische Spektroskopie. Sie untersucht die Antwort permanenter elektrischer Dipole auf ein elektrisches Wechselfeld, also die Polarisation. Dipolbeweglichkeit und Dipoldichte hängen von der Wirkstoffkonzentration auf der Partikeloberfläche ab. So ist es möglich, in Lipid-Nanodispersionen die Dichte der Wirkstoffbeladung auf der Oberfläche, nicht aber im Inneren der Partikel zu charakterisieren.

Untersuchungen an Lipid-Nanodispersionen, die mit Glukokortikoiden beladen waren, zeigten für Betamethason-17-valerat eine Beladungskapazität der Partikeloberfläche unterhalb der therapeutisch üblichen Konzentration von 0,1 Prozent. Dagegen war die Partikeloberfläche durch Prednicarbat in Konzentrationen von bis zu 0,25 Prozent noch nicht vollständig beladen. Die Lipid-Nanodispersion mit Prednicarbat erzielte im Gegensatz zu der mit Betamethason-17-valerat beladenen Formulierung auch eine sehr gute Penetration.

Sponsoren und Aussteller

Galderma Laboratorium GmbH, Düsseldorf

Apotheker Walter Bouhon GmbH, Nürnberg
Essex Pharma GmbH, München
Degussa/Goldschmidt AG, Essen
KCI Medizinprodukte GmbH, Walluf
Pfizer Consumer Health GmbH, Karlsruhe
Stiefel Laboratorium GmbH, Offenbach

BioSkin GmbH, Hamburg
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Berlin
Stada GmbH, Bad Vilbel
Wyeth Pharma GmbH, Münster



Dendritische Zellen:
Bad boys and good boys
Professor Dr. Thomas Bieber, Bonn, referierte über die Rolle dendritischer Zellen beim atopischen Ekzem. Das atopische Ekzem ist bekanntlich eine T-Zell-vermittelte Erkrankung. Zusätzliche Hauptdarsteller im Geschehen sind Allergene, IgE und die Antigen-präsentierenden Zellen, hier insbesondere die dendritischen Zellen.

Dendritische Zellen hatten lange Zeit ausschließlich den Ruf von „bad boys“, die es zu bekämpfen galt. Inzwischen wird jedoch zwischen zwei verschiedenen Typen dendritischer Zellen in der Haut unterschieden, nämlich den inflammatorischen dendritischen epidermalen Zellen (IDEC) und den Langerhans-Zellen.

IDEC sind ausschließlich in entzündeter Haut zu finden. Sie wandern zu Beginn der Entzündungsreaktion ein und sind wahrscheinlich an der Entzündungsreaktion beteiligt. Im Reagenzglas konnte gezeigt werden, dass nur IDEC nach Aktivierung große Mengen proentzündlicher Zytokine produzieren.

Die beiden Zelltypen bewirken unterschiedliche T-Zell-Antworten: IDEC fördern eine Th1-Antwort, Langerhans-Zellen dagegen eine Th2-Antwort. „Die Entzündung der Haut bei der atopischen Dermatitis ist im wesentlichen eine Th1-Antwort“, stellte Bieber fest. Der Beitrag der Langerhans-Zellen zur atopischen Dermatitis bleibt dagegen noch weitgehend unklar.


Wie Professor Dr. Thomas Bieber, der Direktor der Universitäts-Hautklinik Bonn, erläuterte, gibt es „bad boys“ und „good boys“ nicht nur unter der männlichen Bevölkerung, sondern auch unter den an der Entzündungsreaktion beim atopischen Ekzem beteiligten dendritischen Zellen. Ziel der Therapie des atopischen Ekzems müsse es sein, die inflammatorischen dendritischen epidermalen Zellen (IDEC) als „bad boys“ zu eliminieren und die Langerhans-Zellen als „good boys“ unbeeinflusst zu lassen.

Durch topische Calcineurin-Inhibitoren werden die IDEC selektiv zerstört, während die Langerhans-Zellen weitgehend unbeeinflusst bleiben. Dagegen gehen unter topischen Glukokortikoiden sämtliche dendritische Zellen – Langerhans-Zellen und IDEC – zugrunde. Calcineurin-Inhibitoren lenken also die Differenzierung dendritischer Zellen sehr früh zugunsten der Langerhans-Zellen und zuungunsten der IDEC.

Langerhans-Zellen sind nach Biebers Einschätzung „good boys“, deren Toleranz erzeugende Eigenschaften im Rahmen der spezifischen Immuntherapie allergischer Erkrankungen genutzt werden können. So konnte für Langerhans-Zellen der Mundschleimhaut gezeigt werden, dass sie nach Allergen-Applikation regulatorische T-Zellen induzieren.


Austragungsort der 10. GD-Jahrestagung war das Mövenpick Hotel Münster, das den Tagungsteilnehmern mit seinen attraktiven Räumlichkeiten und seinem freundlichen Personal einen angenehmen Aufenthalt bot.


Lapachoverbindungen
als Antipsoriatika?
Der wissenschaftliche Tagungsleiter Professor Dr. Klaus Müller, Münster, berichtete über synthetische Lapachoverbindungen, die für die Weiterentwicklung als Antipsoriatika interessant sein könnten. Die Entwicklung neuer Arzneistoffe zur Behandlung der Schuppenflechte fußt auf drei Säulen: der Identifizierung neuer Targets, der Optimierung bekannter Arzneistoffe und der gezielten Veränderung pflanzlicher Inhaltsstoffe.

Müllers Arbeitsgruppe beschäftigt sich unter anderem mit der Modifikation von Inhaltsstoffen aus der Rinde des Lapachobaums (Tabebuia impetiginosa). Die Rinde dieses in den Regenwäldern Südamerikas beheimateten Baums wurde schon von den Inkas eingesetzt. Heute beanspruchen Extrakte der Lapachorinde als Modeheilmittel verschiedene Indikationen, darunter auch die Psoriasis.
Die Forscher prüften die antiproliferative Wirksamkeit natürlicher und chemisch veränderter Inhaltsstoffe der Lapachorinde an einer nicht transformierten humanen Keratinozyten-Linie (HaCaT). Dabei zeigte sich, dass unter anderem einige Naphtho[2,3-b]furan-4,9-dione im niedrigen mikromolaren Bereich das Keratinozyten-Wachstum hemmten. Die chinoide Grundstruktur war für die Wirkkung entscheidend. Der Austausch des Furans durch ein Thiophen führte zur aktivsten Struktur.


Neben Dermatologen der Universitäts-Hautklinik waren bei der 10. GD-Jahrestagung auch Pharmazeuten der Universität Münster als Referenten und Moderatoren tätig: Professor Dr. Andreas Hensel (links) vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie stellte verschiedene Pflanzeninhaltsstoffe mit hautaktivem Potenzial vor, während der wissenschaftliche Tagungsleiter Professor Dr. Klaus Müller vom Institut für Pharmazeutische Chemie über die Perspektiven von synthetischen Lapachoverbindungen als potenziellen Antipsoriatika informierte..

Hautrelevante Wirkungen
genuiner Pflanzenstoffe
Hautaktiv sind auch verschiedene pflanzliche Polysacharide und Proanthocyanidine, über die der pharmazeutische Biologe Professor Dr. Andreas Hensel, Münster, informierte. Diese Substanzen interagieren auf der Membranoberfläche menschlicher Hautzellen mit hochglykosylierten, „antennenartig herausragenden“ Strukturen. Polysaccharide beeinflussen diese Rezeptoren und Rezeptor-ähnlichen Gebilde wie Agonisten, Proanthocyanidene – hochmolekulare Gerbstoffkonstrukte – dagegen blockieren sie.

Indische Flohsamenschalen, bekannt als Abführmittel, enthalten besonders viele Polysaccharide. Die wasserlösliche Fraktion förderte in Testsystemen die Proliferation von Keratinozyten und Fibroblasten, hatte aber keinen Einfluss auf die Zelldifferenzierung. Als Wirkungsmechanismus wurde die Induktion einer Signaltransduktion gezeigt, wodurch die Expression des Keratinozyten-Wachstumsfaktors (KGF) angeregt wird.

Polysaccharide aus der Kiwifrucht fördern ebenfalls die Keratinozyten-Proliferation. Procyanidin C aus der Rinde der Zaubernuss (Hamamelis virginiana) wurde aufgrund seiner proliferativen Wirkung auf Keratinozyten in einer viertägigen Probandenstudie geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Substanz die barriereschädigenden Eigenschaften von Natriumlaurylsulfat (Erhöhung des transepidermalen Wasserverlusts und Erythembildung) signifikant reduziert.


Einen attraktiven Kontrast zum Vortragsprogramm der 10. GD-Jahrestagung bot der direkt gegenüber der Tagungsstätte gelegene Aasee.

Phytosterole zur Prävention
der Lichtalterung der Haut

Als Wirkstoffe zur Prävention der Lichtalterung der Haut spielen pflanzliche Sterole eine zunehmend größer werdende Rolle. Wie Professor Dr. Jean Krutmann, Düsseldorf, berichtete, findet die vorzeitige Hautalterung durch UV-Strahlung vor allem in der extrazellulären Matrix der Dermis statt. Der primäre Mechanismus der Faltenbildung scheint in einer Veränderung der Zahl und Struktur der Kollagenfasern zu bestehen.

Verantwortlich für die Lichtalterung ist insbesondere die UVA-Strahlung: Sie führt zum verstärkten Kollagenabbau, indem sie in der Membran der Hautzellen eine Signalkaskade in Gang setzt, durch die letztlich eine vermehrte Expression des Kollagen-abbauenden Enzyms Matrixmetalloproteinase-1 (MMP-1) ausgelöst wird. Die Signalkaskade beginnt mit der Freisetzung kurzkettiger Ceramide aus Sphingomyelin. Sie findet vor allem in „Rafts“ statt, Mikrodomänen der Zellmembran, die besonders reich an Sphingomyelin und Cholesterin sind.

Die Behandlung menschlicher Hautzellen mit Cholesterin oder strukturverwandten pflanzlichen Sterolen vermindert UVA-induzierte Wirkungen wie die vermehrte MMP-1-Expression. Dies konnte sowohl im Reagenzglas als auch im Probandenversuch gezeigt werden. Die bislang nicht bekannte biologische Aktivität der Phytosterole lässt deren Einsatz in Anti-aging-Kosmetika und Sonnenschutzmitteln sinnvoll erscheinen.


Strahlende Gesichter bei den Repräsentanten des Veranstalters: Der stellvertretende GD-Vorsitzende Professor Dr. Hans Christian Korting (Mitte) und der GD-Schriftführer Professor Dr. Dr. Thomas Ruzicka (rechts) – hier im Gespräch mit Dr. Marcel Langenauer von der Firma Spirig in Egerkingen in der Schweiz – freuten sich über den guten Besuch und den erfolgreichen Verlauf der 10. GD-Jahrestagung.


Ein Sphingolipid zur
Reparatur von Lichtschäden

Ebenfalls als kosmetischer Wirkstoff für Antiaging-Kosmetika interessant ist Phytosphingosin-SLC, ein an Salicylsäure gekoppeltes Sphingolipid, das Dr. Mike Farwick, Essen, vorstellte. Die Substanz scheint über eine Beeinflussung der Signaltransduktion in die Differenzierung von Keratinozyten einzugreifen und Reparaturmechanismen in der Haut anzuschalten.

In einer Untersuchung an zehn Probanden mit lichtgealterter Haut stieg nach topischer Applikation des Sphingolipids der Fibrillin-Anteil in der Dermis um 82 und der Prokollagen-Anteil um 30 Prozent an. Gleichzeitig sank die Konzentration der MMP-1 in der Hautbiopsie um 46 Prozent. In einer vierwöchigen Studie, in der die Wirksamkeit einer 0,2-prozentigen Zubereitung an 30 Probanden geprüft wurde, nahmen tiefere Falten um die Augen ab, und die Hautoberfläche war insgesamt geglättet.

Freie Radikale als Maß
für UV-bedingte Hautschäden

UV-bedingte Hautkrebserkrankungen nehmen weltweit zu, obwohl gleichzeitig der Verbrauch an Sonnenschutzmitteln steigt. Diese Diskrepanz führt Professor Dr. Leonhard Zastrow, Monaco, unter anderem darauf zurück, dass sich der Verbraucher bei der Verwendung von Sonnenschutzmitteln zu stark auf den angegebenen Lichtschutzfaktor (SPF) verlässt. Dieser erfasst jedoch nur den Schutz gegen UVB-Strahlen, erlaubt aber keine Aussage zur Schutzwirkung gegen die für das Hautkrebsrisiko mit verantwortlichen UVA-Strahlen.

Als mögliche Lösung für dieses Problem haben Zastrow und Mitarbeiter ein In-vivo-Modell entwickelt, mit dem die Schutzleistung von Sonnenschutzmitteln gegen beide Strahlenarten gemessen werden kann. Das Modell basiert auf der Erkenntnis, dass sowohl UVA- als auch UVB-Strahlen freie Radikale erzeugen, die dosisabhängig an der DNA menschlicher Keratinozyten die biologische Schadenskaskade in Gang setzen.


Die weiteste Anreise aller Referenten des wissenschaftlichen Hauptprogramms hatte Professor Dr. Leonhard Zastrow, Vizepräsident Forschung und Entwicklung bei der Firmengruppe Coty Beauty Lancaster in Monaco. Er stellte ein In-vivo-Modell zur Wirksamkeitsprüfung von Sonnenschutzmitteln vor, mit dem sich ein gemeinsamer Lichtschutzfaktor gegen UVB- und UVA-Strahlen bestimmen lässt.


Bei der Durchführung der Prüfung werden ein Quadratzentimeter große Hautbiopsien mit dem langlebigen Spin Trap PBN (Phenylbutynitron) getränkt. PBN erfasst bis zu einer Tiefe von einem Millimeter alle freien Radikale. Die Bestrahlung erfolgt mit einem Sonnensimulator (290 bis 400 Nanometer) unter Verwendung von Neutraldichtefiltern. Gemessen werden die freien Radikale mit der Elektronenspinresonanz-Spektroskopie, wobei die Zahl der erzeugten freien Radikale nur von der UV-Strahlendosis und nicht von der Zeit abhängt.

Das Ergebnis der Prüfung wird über den so genannten integrativen Sonnenschutzfaktor (ISPF) ausgedrückt. Dieser berechnet sich in Analogie zum SPF als Quotient aus der UV-Dosis an geschützter und ungeschützter Haut, mit der die gleiche Anzahl Radikale in der Haut erzeugt wird. Messungen an handelsüblichen Sonnenschutzmitteln ergaben ISPF-Werte zwischen 2 und 25, wobei der ISPF nie höher war als der parallel gemessene SPF.

Im Anschluss an den Vortrag wurden Bedenken geäußert, ob sich das Verfahren für Routinetestzwecke eignet. Zastrow zeigte sich diesbezüglich optimistisch, da es nach seinen Angaben nicht nur an Hautbiopsien, sondern auch an leichter zugänglicher Schweineepidermis durchgeführt werden kann.

Perspektiven für den
Sonnenschutz im Jahr 2010

Einen Ausblick auf den Sonnenschutz im Jahr 2010 wagte Professor Dr. Thomas Schwarz, Kiel. Neben textilem Sonnenschutz, vernünftigem Verhalten und UV-Filtern in Sonnenschutzmitteln und anderen Kosmetika sind schon heute exogene DNA-Reparaturenzyme im Einsatz. In ein paar Jahren könnte die Ankurbelung der endogenen DNA-Reparatur, beispielsweise über die Induktion von Interleukin-12, eine weitere wichtige Rolle im Sonnenschutz spielen.

Normalerweise werden durch UVB-Strahlen ausgelöste DNA-Schäden durch den endogenen Reparaturmechanismus NER (Nucleotide Excision Repair) behoben. Oberhalb einer bestimmten UV-Dosis gehen die Hautzellen jedoch infolge der DNA-Schädigung zugrunde und schuppen sich als „Sonnenbrandzellen“ ab. Dieser Zelltod – Apoptose genannt – ist im Interesse des Organismus, weil er die Entstehung von Krebszellen verhindert.


Perspektiven für den Sonnenschutz im Jahr 2010 präsentierte Professor Dr. Thomas Schwarz, der Direktor der Universitäts-Hautklinik Kiel. Nachdem heute schon DNA-Reparaturenzyme zum Einsatz kommen, könnte in Zukunft auch die Induktion des Zytokins Interleukin-12, das ebenfalls die endogene DNA-Reparatur ankurbelt, eine Rolle beim Lichtschutz spielen.

Die Wissenschaftler waren deshalb zunächst besorgt über ihre Beobachtung, dass das immunstimulatorische Zytokin Interleukin-12 die UV-induzierte Apoptose verringert. Versuche mit Wildtyp- und Xpa-Knockout-Mäusen, die über keinen endogenen DNA-Reparaturmechanismus verfügen, wiesen jedoch darauf hin, dass Interleukin-12 die Apotose vieler Hautzellen unnötig macht, weil es die endogene DNA-Reparatur ankurbelt. Außerdem hatten Mäuse mit einem Interleukin-12-Mangel ein erhöhtes Risiko für UV-bedingte Hauttumore.

Nagelpilztherapie als
Chance zur Kooperation

Professor Dr. Isaak Effendy, Bielefeld, fasste die Ergebnisse einer Konsensuskonferenz der GD im Oktober 2005 in Köln zum interdisziplinären Management der Onychomykose zusammen. Diese sind in eine gemeinsam von Hautärzten und Apothekern erarbeitete Stellungnahme der GD eingeflossen, die unter anderem Empfehlungen zum Beratungsverhalten des Apothekers im Zusammenhang mit Nagelpilzerkrankungen gibt (siehe dazu auch den Beitrag ab Seite 6 in diesem Heft).

Da die zur Behandlung der Onychomykose zugelassenen topischen Antimykotika aufgrund des GKV-Modernisierungsgesetzes nicht mehr erstattungsfähig sind, spielen diese Arzneimittel inzwischen auch in der Selbstmedikation eine Rolle. Im Beratungsgespräch sollte der Apotheker auf die Notwendigkeit der Diagnosesicherung hinweisen und bei Unklarheiten an den Dermatologen als den Experten für Hautkrankheiten verweisen.

Die Behandlung der Onychomykose ist langwierig. Bei Befall der Nagelmatrix ist nach Angaben Effendys immer eine systemische Behandlung notwendig, während eine alleinige topische Behandlung mit einem Nagellack nur versucht werden sollte, wenn maximal 70 Prozent der Nagelplatte ohne Beteiligung der Matrix befallen sind. Die Ergebnisse der oralen antimykotischen Therapie können durch begleitende Lokaltherapie verbessert werden. Auf diesen Zusammenhang könne der Apotheker im Beratungsgespräch hinweisen.


Erstmals fand anlässlich einer GD-Jahrestagung auch eine Fachausstellung statt, bei der mehrere Förderfirmen der GD die Gelegenheit nutzten, ihre Neuigkeiten vorzustellen. Wie das Bild zeigt, stieß dies bei den Tagungsteilnehmern auf großes Interesse.

Neue Immunmodulatoren
in klinischer Prüfung

Professor Dr. Stefan Beissert, Münster, stellte mit FTY720 ein neues Immunsuppressivum vor, das die zielgerichtete Migration von T-Zellen verhindert. Es greift am Sphingosinphosphatrezeptor 1 an, der für die Wanderung von T-Zellen aus den Lymphknoten in die Peripherie verantwortlich ist.

FTY720 befindet sich in Phase 3 der klinischen Prüfung bei Nierentransplantierten. Denkbar ist auch eine zukünftige
Anwendung bei dermalen Formen der Autoimmunität wie Dermatomyositis, Sklerodermie und kutanem Lupus erythematodes sowie bei chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen wie Psoriasis, atopischer Dermatitis und Lichen ruber planus.

Mit MDX 010 wurde ein humanisierter Anti-CTLA-4-Antikörper entwickelt. CTLA 4 ist ein wichtiger Oberflächenmarker regulatorischer T-Zellen. Der humanisierte Anti-CTLA-4-Antikörper wurde zusammen mit Melanom-Peptiden (gp100, MART-1, Tyrosinase) an 19 Patienten mit einem Melanom im Stadium III bis IV eingesetzt (subkutan injiziert, sechs Monate lang einmal monatlich, dann zweimal vierteljährlich).

Die Peptidvakzinierung war im Sinne einer T-Zell-Aktivierung erfolgreich. Acht Patienten entwickelten Zeichen einer Autoimmunität (Kolitis, Hepatitis), nur bei drei von ihnen schritt das Melanom fort. Dagegen erlitten neun von elf Patienten ohne Autoimmunitätszeichen eine Krankheitsprogression. Die Autoimmunität schien sich günstig auf die Induktion antitumoraler Immunität auszuwirken. MDX 010 wird jetzt auch in einer klinischen Studie in
Deutschland geprüft.

PAR-Rezeptoren als
therapeutische Targets


Professor Dr. Martin Steinhoff, Münster, ging in seinem Vortrag auf die Bedeutung der Proteinase-aktivierten Rezeptoren (PAR) als therapeutische Targets ein. Die PAR gehören zur Unterfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren mit sieben transmembranären Domänen. Vier Rezeptoren (PAR-1 bis PAR-4) wurden bislang kloniert. Sie werden von Serinproteasen aktiviert, die unter anderem die Blutgerinnung, Entzündungsprozesse, das Tumorwachstum und allergische Reaktionen beeinflussen.

Die von Steinhoff präsentierten Daten weisen die PAR als interessante Zielstrukturen für neue Strategien zur Behandlung von Hauterkrankungen aus. Sie haben große Bedeutung für die Modulation zahlreicher pathophysiologischer Vorgänge in der Haut wie Tumorwachstum, Entzündung und Juckreiz. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass die Aktivierung von neuronalem PAR-2 zur Freisetzung von Neuropeptiden aus sensorischen Nerven und zur neurogenen Entzündung führt. PAR-2-Antagonisten werden deshalb bereits erprobt.


Die Aufgabe, im Rahmen der Abendveranstaltung in der traditionsreichen Münsteraner Gaststätte „Kruse Baimken“ einen Fachvortrag zu halten, löste Professor Dr. Ralf Paus von der dermatologischen Klinik am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck mit Bravour: In äußerst humorvoller Form präsentierte er unter dem Titel „Die Hirn-Haut-Hochzeit (HiHaHo): Erzählungen von einem unzertrennlichen Pärchen“ interessante neue Ansätze zur Behandlung des Haarausfalls.

Prodrugs für die
dermale Therapie


Arzneistoffe werden meist ausgesprochen schlecht in die Haut aufgenommen, stellte die Pharmakologin Professor Dr. Monika Schäfer-Korting, Berlin, fest. Zur Verbesserung der Penetration können nicht nur intelligente Trägersysteme und Penetrationsförderer eingesetzt werden, sondern auch die Wirksubstanz selbst kann chemisch so verändert werden, dass sie zu einer penetrationsfähigen „Vorsubstanz“, einem Prodrug, wird.

Nach dem Eindringen in die Haut wird die „Vorsubstanz“ in der Haut – und zwar nur dort und nicht im Applikationsmedium oder im Organismus – in die eigentliche Wirksubstanz umgewandelt. Erwünscht ist eine hohe Penetration bei möglichst geringer transdermaler Resorption.

Als Prodrugs für Dermatika kommen insbesondere Ester in Frage, die in der Regel lipophiler als ihre Ausgangssubstanzen sind und deshalb besser penetrieren. Klassische Beispiele dafür sind die topischen Glukokortikoide, bei denen durch Veresterung in der C21-Position die Affinität zum Rezeptor sinkt, hydrolytisch aber die affine Form entsteht.

Ähnliche Wege werden inzwischen auch bei anderen Arzneistoffen beschritten. So zeigte die Referentin, dass das Antiandrogen RU 58841 in Form seines lipophileren Myristinsäureesters in feste Lipid-Nanopartikel inkorporiert und aus diesem Trägersystem zur Penetration in die Haut gebracht werden kann. In der Haut wird der Ester zur Wirksubstanz gespalten.

Eine systemische Belastung mit dem Antiandrogen konnte weitestgehend ausgeschlossen werden. Die vorgesehenen Penetrationsstudien an Schweinehaut und Kunsthaut scheiterten jedoch daran, dass der Ester so fest in der Haut saß, dass er nicht mehr extrahiert werden konnte.

11. GD-Jahrestagung

Die 11. GD-Jahrestagung findet, anders als ursprünglich geplant, nicht in Köln, sondern vom 26. bis 28. März 2007 in Düsseldorf statt.

Wissenschaftlicher Tagungsleiter ist Professor Dr. Percy Lehmann, Wuppertal. Nähere Informationen werden in Kürze unter der Internet-Adresse www.gd-online.de veröffentlicht.


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