Suchen | Feedback | Inhalt | English
 
 
Organ der
 

GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

Home
Ausgabe:
1/2016
1/2015
1/2014
1/2013
1/2012
2/2011
1/2011
1/2010
1/2009
1/2008
2/2007
1/2007
2/2006
1/2006
2/2005
1/2005
2/2004
1/2004
2/2003
1/2003
2/2002
1/2002
4/2001
3/2001
2/2001
1/2001
1/2000
 
 
 
Weitere Links:
 
 
Gesellschaft für
Dermopharmazie
 
 
 
 
 

 
  Ausgabe 1 (2003)

Mitteilungen der GD
Stellungnahme der Gesellschaft für Dermopharmazie:
Aufnahme von kombinierten topischen Dermatika in die Positivliste

Am 15. November 2002 hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) einen Entwurf für die geplante Arzneimittel-Positivliste vorgelegt. Arzneimittel, die in der endgültigen Ausgabe dieser Liste nicht berücksichtigt sind, sollen in Deutschland zukünftig von der Erstattungspflicht durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen werden. In dem Entwurf des BMGS sind einige für die topische Dermatotherapie bedeutsame Kombinationsarzneimittel nicht aufgeführt, obwohl sie die allgemeinen Kriterien für die Aufnahme in die Positivliste erfüllen. Nach Auffassung der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V. sollte die zu verabschiedende Fassung der Positivliste deshalb um diese Dermatika erweitert werden. Ihr Fehlen in der Positivliste würde zu wesentlichen Limitationen in der Versorgung hautkranker Patienten führen.

Mit der vorliegenden Stellungnahme wird begründet, warum der vom BMGS vorgelegte Entwurf zur Arzneimittel-Positivliste um verschiedene bislang nicht berücksichtigte Dermatika erweitert werden sollte. Die Arzneimittel-Positivliste ist zentraler Gegenstand des von der Bundesregierung vorgesehenen Gesetzes über eine Liste verordnungsfähiger Arzneimittel in der vertragsärztlichen Versorgung, kurz Arzneimittel-Positivlistengesetz (AMPoLG) genannt. Konkret angesprochen werden mit dieser Stellungnahme die in dem vorliegenden Referentenentwurf unter D auf den Seiten 19 bis 22 aufgeführten Dermatologika und hier überwiegend die unter D01 genannten dermatologischen Antimykotika sowie die unter D07 aufgeführten topischen Glukokortikosteroide.



Bedeutung von kombinierten
topischen Dermatika

Während Kombinationsarzneimitteln in der Pharmakotherapie der Gegenwart allgemein eine vergleichsweise geringe Bedeutung zukommt, gilt dies nicht speziell für die externe Behandlung von Hautkrankheitszuständen. Dies verdeutlichen nicht nur führende Lehrbücher der Dermatologie beziehungsweise der Dermatotherapie, sondern auch Statistiken zur Verordnungshäufig keit. So sind im Arzneiverordnungs-Report 2002 (Schwabe U, Paffrath D [Hrsg.]: Arzneiverordnungs-Report 2002. Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Springer, Berlin, 2002) im Kapitel Antimykotika unter den zehn im Jahre 2001 am häufigsten zu Lasten der GKV verordneten Fertigarzneimitteln vier Kombinationsarzneimittel zu finden. Ein im Grundsatz entsprechender Befund ergibt sich auch in dem Kapitel Dermatika und Wundbehandlungsmittel: Dort findet sich das erste Kombinationsarzneimittel an Position 12 in der Verordnungshäufigkeit und das zweite an Position 15.

Die Positivliste in ihrer vorliegenden Fassung stellt die Verordnungsfähigkeit von kombinierten topischen Dermatika nicht grundsätzlich in Frage. Dies wird zum Beispiel darin deutlich, dass etwa bei den Antimykotika die Kombination von Nystatin mit Zinkoxid und bei den Glukokortikoiden die Kombination von Hydrocortison mit Harnstoff berücksichtigt wurde. Wesentliche Kriterien für die Aufnahme eines Arzneimittels in die Positivliste sind dessen ausreichende Qualität und die Aussagekraft der Belege für den Nachweis des therapeutischen Effekts. Außerdem sollte bei indikationsbezogener Bewertung nach einheitlichen Urteilsstandards mehr als nur ein vergleichsweise geringfügiger therapeutischer Nutzen vorhanden sein (§ 33a, Abs. 7, Satz 2 SGB V). Letzteres gilt insbesondere bei Fehlen zweckmäßigerer therapeutischer Alternativen.

Bei den Stellungnahmen der GD handelt es sich um offizielle Positionspapiere der Gesellschaft, die von den Fachgruppen oder anderen Experten erarbeitet und vom Vorstand der GD zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Die vorliegende Stellungnahme zur Arzneimittel-Positivliste wurde am 10. Dezember 2002 dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) übergeben mit der Bitte, sie im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur Arzneimittel-Positivliste zu berücksichtigen.


Bei einer genauen Betrachtung des vom BMGS vorgelegten Entwurfs ist festzustellen, dass einige kombinierte topische Dermatika nicht aufgeführt sind, obwohl sie die allgemeinen Kriterien der Aufnahme erfüllen. Während einerseits Kombinationen von topischen Glukokortikoiden mit Harnstoff, Zinkoxid und Salicylsäure Berücksichtigung finden, sind andererseits zum Beispiel Kombinationen von Glukokortikoiden mit Vitamin-D3-Analoga und mit Antiinfektiva nicht aufgeführt. Dies erscheint aus dermatologischer Sicht bei den im Folgenden angesprochenen speziellen Arzneistoffkombinationen nicht akzeptabel.


Calcipotriol in Kombination
mit Betamethasondipropionat

Die Kombination von Calcipotriol mit Betamethasondipropionat ist in der Behandlung der Psoriasis vulgaris – bei Zugrundelegung einer Salbe als Vehikel – dem Einsatz entsprechender Zubereitungen mit nur einer der beiden Komponenten überlegen. Dies gilt sowohl für die Beeinflussung der Schwere der Erkrankung gemäß dem allgemein anerkannten PASI-Score als auch in Bezug auf den für den Patienten ebenfalls relevanten Zeitpunkt des Wirkungseintritts. Dies konnte kürzlich in zwei großen unabhängigen, doppelblinden kontrollierten Multicenterstudien in Europa ge zeigt werden, in denen auch deutsche Patienten einge schlossen waren und deren Ergebnisse in international anerkannten Fachzeitschriften publiziert wurden (Kaufmann R et al.: Dermatology 205 [2002] 389-393; Douglas WS et al.: Acta Derm Venerol 82 [2002] 131-135). Da das in Rede stehende Präparat erst kürzlich zugelassen wurde und in Deutschland erst seit dem 1. November 2002 im Markt ist, lagen die genannten Publikationen womöglich noch nicht vor, als das BMGS den Entwurf für die Positivliste erarbeitete.

Mit Glukokortikoiden
kombinierte Antiinfektiva


Mit Glukokortikoiden kombinierte Antiinfektiva werden unter anderem zur Initialtherapie bakteriell infizierter Ekzeme eingesetzt. Für diese Indikation befindet sich in Deutschland zum Beispiel ein Fertigarzneimittel auf der Basis von Fusidinsäure in Kombination mit Betamethason-17-valerat im Handel.

Umfangreich untersucht wurde auch die Kombination von Fusidinsäure mit Hydrocortison. Obwohl die publizierten Studien hinsichtlich ihrer Anlage und in Bezug auf den gewählten Publikationsmodus nicht voll befriedigen (Ramsay CA et al.: J Eur Acad Dermatol Venerol 7, Suppl 1 [1996] 15-22; Poyner TF, Dass BK: J Eur Acad Dermatol Venerol 7, Suppl 1 [1996] 23-30), wird dennoch unter Experten die Auffassung vertreten, dass diese Kombination bei der Behandlung des atopischen Ekzem der alleinigen Anwendung von Hydrocortison überlegen ist. Der Grund hierfür ist, dass dem Zielkeim der Fusidinsäure, Staphylococcus aureus, eine wesentliche Bedeutung in der Krankheitsentstehung zugesprochen wird (Wilkinson: Int J Dermatol 139, Suppl 3 [1998] 37-40). Unter dem Aspekt einer bestmöglichen Versorgung der Patienten sollten deshalb auch Kombinationen von Fusidinsäure mit Glukokortikoiden wie Hydrocortison und Betamethason-17-valerat in die endgültige Positivliste aufgenommen werden.

Gleiches ist für die Kombination von Miconazol mit Flupredniden-21-acetat zu wünschen. Für dieses Kombinationspräparat haben in Deutschland durchgeführte Untersuchungen (Nolting S, Rogalla K: Int J Dermatol 34 [1995] 125-128) unzweifelhaft belegt, dass die Entzündungssymptome bei einer entzündlich geprägten Dermatomykose auf das Kom binationspräparat initial besser ansprechen als auf das entsprechende Monopräparat, das nur Miconazol enthält.


Kombination von Diclofenac
mit Hyaluronsäure


Bei der seit einiger Zeit eingeführten Gelzubereitung von Diclofenac in Kombination mit Hyaluronsäure handelt es sich formal nicht um ein Kombinationsarzneimittel. Dieses vergleichsweise neue Präparat, das insbesondere durch aktuelle Publikationen unzweifelhaft wissenschaftlich abgesichert erscheint, wurde womöglich im Kontext der topischen Antiphlogistika beziehungsweise Antirheumatika gesehen. Es ist jedoch für die Behandlung der aktinischen Keratose zugelassen und sollte deshalb in der Positivliste unter den Dermatologika Berücksichtigung finden.

Bei der aktinischen Keratose handelt es sich um eine zahlenmäßig bedeutsame Erkrankung, die mit zunehmender Häufigkeit im mittleren und höheren Lebensalter, insbesondere bedingt durch UV-Belastung der Haut, auftritt. Dem Wesen nach handelt es sich um ein Carcinoma in situ, aus dem dann in mindestens zehn Prozent der Fälle das eigentliche spinozelluläre Karzinom hervorgehen kann. Die bislang üblichen Ansätze der Pharmakotherapie sind nur bedingt durch voll tragfähige wissenschaftliche Studien abgesichert. Zu nennen sind hier das üblicherweise im Rahmen der magistralen Rezeptur eingesetzte Podophyllin sowie vor allem das als Fertigarzeimittel verfügbare 5-Fluoro-uracil.

Anders als bei diesen Präparaten liegen für das Diclofenac/Hyaluronsäure-Gel uneingeschränkt aussagekräftige, Vehikel kontrollierte Blindstudien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit vor. Diese wurden erst in den Jahren 2001 und 2002 publiziert (Wulf JE et al.: Int J Dermatol 40 [2001] 709-713; Rivers JK et al.: Br J Dermatol 146 [2002] 94-100) und bestätigen ursprüngliche Befunde aus dem Jahr 1997 (Rivers JK, McLean DI: Arch Dermatol 133 [1997] 239-1242). Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass Hyaluronsäure hier formal nicht als arzneilich wirksamer Bestandteil, sondern als Hilfsstoff fungiert, der im gegebenen Zusammenhang vermutlich einen wesentlichen Beitrag zur Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs Diclofenac leistet. Rechtlich betrachtet handelt es sich demnach unzweifelhaft um ein Monopräparat, wobei die Wirksamkeit nur für die angesprochene Gelformulierung mit Hyaluronsäure belegt ist.

Ziel der vorliegenden
Stellungnahme


Mit der vorliegenden Stellungnahme will die GD einen Beitrag dazu leisten, dass in der GKV versicherte hautkranke Patienten auch nach Einführung der Arzneimittel-Positivliste bestmöglichst mit geeigneten Dermatotherapeutika versorgt werden können. In diesem Zusammenhang sieht die GD ihre Aufgabe jedoch nicht darin, eine vollständige Liste von Hautarzneimitteln zu erstellen, die ergänzend in die Positivliste aufgenommen werden sollten. Bei Überlegungen zu solchen Ergänzungen ist zum Beispiel an die als Arzneimittel zugelassenen Balneotherapeutika und wirkstofffreien Basispräparate zu denken, die unstrittig eine hohe Bedeutung im Gesamtkontext beim Management des atopischen Ekzems und einiger anderer Dermatosen besitzen. Bedeutsam sind diese Präparate nicht zuletzt auch unter dem Aspekt der Einsparung von Glukokortikoiden im Rahmen der so genannten Intervalltherapie, mit der eine Risikominimierung für die Patienten und eine Kostenreduktion für die Versicherungsträger verbunden sein kann.

Vorrangig will die GD mit dieser Stellungnahme darauf hinweisen, dass in dem vom BMGS vorgelegten Entwurf einige für die topische Dermatotherapie bedeutsame Kombinationsarzneimittel nicht berücksichtigt wurden, obwohl sie zweifelsfrei die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Positivliste erfüllen. Falls diese Arzneimittel auch in der endgültig verabschiedeten Fassung der Positivliste fehlen sollten, würde dies zu wesentlichen Limitationen in der Versorgung hautkranker GKV-Patienten führen.


nach oben

Mai 2003 Copyright © 2000 - 2017 ID-Institute for Dermopharmacy GmbH. Kontakt: webmaster@gd-online.de