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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 2 (2001)

Dermopharmazie aktuell
5. Jahrestagung der GD in Zürich
Gesellschaft für Dermopharmazie tagte in der Schweizer Metropole

Mit ihrer 5. Jahrestagung präsentierte die GD Gesellschaft für Dermopharmazie gleichzeitig ihre Internationalität. Spiegelbild dafür war nicht nur der Tagungsort Zürich, sondern auch die seit Jahren bestehende Zusammenarbeit der GD mit dem europäischen Ausland. Sympathisch zeigte sich die Stadt am gleichnamigen See und begrüßte die Gäste am 28. März 2001 mit einem Hauch von Frühling. In dem kleinen Hotel am Rande des Altstadtviertels, wo einige Teilnehmer residierten, lebte die Theatervergangenheit der 50er Jahre auf Teppichen, Tassen und Tellern weiter. Nur ein paar Schritte führten zur Talstation der nostalgischen Polybahn, die die Teilnehmer gern nutzten, um für einen Franken auf den Universitätsberg und nach einem kurzen Spazierweg mit grandiosem Ausblick auf die Stadt zum Tagungsort der altehrwürdigen Universität Zürich zu gelangen.


Dr. Joachim Kresken

Insgesamt besuchten rund 150 Dermatologen aus Klinik und Praxis, Apotheker, Vertreter der Industrie, Wissenschaftler und Vertreter der Fachpresse überwiegend aus Deutschland und der Schweiz die 16 wissenschaftlichen Vorträge sowie die Fachgruppensitzungen und die ordentliche Mitgliederversammlung am 27. März. Als wissenschaftlicher Tagungsleiter begrüßte Privatdozent Dr. Christian Surber, Institut für Spital-Pharmazie am Kantonsspital Basel, die Teilnehmer auf das Herzlichste. Reger Erfahrungs- und Gedankenaustausch fand in den Pausen statt, und der eine oder andere nutzte die Zeit für ein paar warme Sonnenstrahlen außerhalb des eidgenössischen Universitätsgemäuers.

Nicht nur zur Wetterlage, sondern auch zur Entwicklung der Gesellschaft äußerte sich der Vorsitzende der GD, Apotheker Dr. Joachim Kresken, Viersen, in seinem Grußwort zur Eröffnung der Tagung. Innerhalb von sechs Jahren nach ihrer Gründung hat es die GD sowohl zu einer beachtlichen Mitgliederzahl als auch zu einem hohen Bekanntheitsgrad gebracht, wie die Resonanz auf die gesellschaftseigene Zeitschrift DermoTopics und die Besucherzahlen auf der Homepage (www.gd-online.de) belegen.


Die Polybahn brachte die Teilnehmer der 5. GD-Jahrestagung aus der Stadt hinauf zur altehrwürdigen Universität Zürich.

Groß ist ebenfalls das Interesse der Industrie, die die GD maßgeblich fördert und unterstützt. Wesentliches Anliegen und Ziel der Gesellschaft, so betonte Kresken, ist es, die Interessen aller, die mit dem Thema der Vorbeugung und Behandlung von Hautkrankheiten beschäftigt sind, zu vertreten und die Errungenschaften der wissenschaftlichen Forschung rasch für den niedergelassenen Dermatologen im Sinne einer optimalen Patientenversorgung umzusetzen. Dass hierbei auch die Beratung in der Apotheke eine Schlüsselrolle spielt, die die Arbeit des Dermatologen maßgeblich unterstützt, liegt auf der Hand.


Paradigmenwechsel in der
Arzneimittelentwicklung



In einem Grundsatzreferat erläuterte der pharmazeutische Chemiker Professor Dr. Gerd Folkers, Präsident des Beirats des Collegiums Helveticum der ETH Zürich, den bereits weitgehend vollzogenen Wandel im Denkprozess der Arzneimittelentwicklung. Was noch gestern Utopie war, ist heute schon beinahe Wirklichkeit, und es ist eine Frage der Zeit, wie lange die Behauptung, dass fast alle wirksamen Arzneimittel aus der belebten Natur stammen oder aus ihren chemischen Strukturen abgeleitet sind, noch Gültigkeit haben wird. Die Prognose Folkers' lautet, dass die Entwicklungslinie sozusagen auf den Kopf gestellt wird. Die optimale Erkennung einer auf molekularer Ebene definierten Zielstruktur des Organismus, in der Regel ein Eiweiß, wird


Professor Dr. Gerd Folkers

dabei im Vordergrund stehen. Das Eiweiß selbst ist das Produkt eines Genfragments, das mit einem Krankheitsgeschehen korreliert. Diese „molekulare Vorgehensweise" hat Implikationen und Konsequenzen für Therapie, Patienten und Märkte. Nach Ansicht Folkers' ist der vielzitierte Begriff „Life Sciences" wichtiger Bestandteil für das Verständnis von Gesundheit, und jede Form therapeutischer Intervention beeinflusst die Biochemie des menschlichen Organismus. Zusammenhänge sieht der Wissenschafter zwischen der Ausschüttung kurzer Eiweißfragmente im Gehirn, die durch die Reaktion auf den Reiz einer Akupunkturnadel Schmerz stillen, und der Einnahme eines Beta-Rezeptorenblockers, die der Körper mit der Absenkung des Blutdrucks beantwortet. Ebenso beeinflussbar ist die Gleichgewichtslage der Biochemie im Gehirn durch Gesprächspartner, die die richtigen Worte finden, oder durch „Life Style"-Medikamente, die für eine „Korrektur" der Gefühlslage sorgen können. Natürlich ist das Ausmaß von der individuellen Disposition abhängig. Da es gilt, diese zu erfassen, hat sich hierauf mittlerweile ein ganzer Forschungszweig der Pharmabranche unter der Überschrift „Functional Genomics" spezialisiert. Durch diese Kombination von Robotorisierung, Informationstechnologie und Biotechnologie ist es möglich geworden, molekulare Muster aufzuzeichnen und auszuwerten. Dadurch hat sich schon jetzt die Arzneimittelforschung und -entwicklung substanziell verändert.


Neue Therapieoption bei
Psoriasis und atopischer
Dermatitis


Im Vortragsblock unter der Überschrift „Dermopharmazeutische Chemie" stellte Professor Dr. Anton Stütz, Novartis Forschungsinstitut Wien, die neue antiinflammatorische Substanzklasse der Ascomycine vor.


Professor Dr. Anton Stütz

Beim Ascomycin handelt es sich um einen immunmodulierenden macrocyclischen Naturstoff, der erstmals aus Streptomyces hygroscopicus var. ascomyceticus isoliert wurde. Ascomycin bindet an Macrophilin-12, inhibiert Calcineurin und hemmt die Aktivierung von T-Zellen sowie die Synthese und Freisetzung von inflammatorischen Cytokinen. Aus einer Vielzahl von Substanzen, die in Modellen untersucht wurden, wählte das österreichische Institut SDZ-ASM-981 als Entwicklungssubstanz aus, weil diese sich in vivo sowohl nach topischer als auch nach oraler Gabe in Hautentzündungsmodellen hochwirksam zeigte, aber nur ein geringes Potenzial systemischer Immunsuppression aufwies, wie es bei Cyclosporin A oder FK 506 der Fall ist.

Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Patienten mit atopischer Dermatitis konnte bereits in Multicenterstudien belegt werden. Hautatrophie, wie sie nach Einsatz von Kortikosteroiden beobachtet wird, trat nach Anwendung von SDZ-ASM-981 nicht auf. Die Behandlung von bis zu 90 Prozent der Körperoberfläche wurde gut vertragen, und selbst bei Kleinkindern ab einem Alter von drei Monaten wurden keine oder nur sehr geringe Blutspiegel gemessen. Die Substanz ist bei atopischer Dermatitis, allergischer Kontaktdermatitis und chronischer Handdermatitis wirksam, wie die Ergebnisse der klinischen Studien mit mehr als 2000 Patienten (Kinder und Erwachsene) zeigten. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der oralen Applikation, die bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer chronischer Plaque-Psoriasis getestet wurde. Die Gabe von 40 bis 60 Milligramm pro Tag brachte eine „beeindruckende klinische Besserung, ohne dass Nebenwirkungen beobachtet wurden", wie Stütz betonte. Damit rückt eine Alternative der oralen Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen wie Psoriasis und atopische Dermatitis in greifbare Nähe. Zur Zeit wird orales SDZ-ASM-981 in Phase II in Multicenterstudien geprüft.

Kein Weg für Wirkstoffe ohne Vehikel


PD Dr. Christian Surber vom Institut für Spital-Pharmazie am Kantonsspital Basel war der wissenschaftliche Leiter der 5. GD-Jahrestagung.

Welche Anforderungen ein topisches dermatologisches Vehikel erfüllen muss, ist in Abhängigkeit von der jeweiligen Perspektive sehr unterschiedlich. So jedenfalls äußerte sich Privatdozent Dr. Christian Surber in seinem Vortrag zur Theorie der Vehikel. Er gab zu bedenken, dass biopharmazeutische, pharmazeutisch-technologische, pharmakologische, physikalische und kosmetische Eigenschaften von Konsumenten, Patienten, Dermatologen, Apothekern und Galenikern individuell bewertet und verstanden werden. Es stelle sich deshalb die Frage, welche Effekte erzielt werden sollen und welche Struktur eines Vehikels entsprechende Eignung hat.

In diesem Zusammenhang äußerte sich Professor Dr. Claudia S. Leopold, Institut für Pharmazie der Universität Leipzig, zu den pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Aspekten einer penetrationsorientierten Vehikeloptimierung. Dabei können thermodynamische wie auch barrieremodifizierende Effekte eine Rolle spielen, die entweder durch direkte Messung des Wirkstofffluxes in der Haut oder durch Wirkstoffmessungen mit Arzneistoffen, die eine quantifizierbare pharmakodynamische Reaktion hervorrufen, erfasst werden. Die von Leopold vorgestellten Messmethoden haben praktische Relevanz, wenn es um die Planung und Durchführung von Wirkungsmessungen zur Quantifizierung von Vehikeleffekten oder zur Beurteilung von Penetrationseigenschaften geht. Die Wirkung sollte dabei möglichst schnell, einfach und visuell sowie ohne erheblichen Versuchs- und Zeitaufwand erfassbar sein.

Bedeutung haben solche Untersuchungen zum Beispiel für die FDA Guidance for Industry „Topical dermatologic corticosteroids: In vivo bioequivalence", in der die Durchführung des Hautabblassungstestes mit Glucocorticoiden über die Messung der maximalen Wirkung beschrieben wird. Mit dieser Guidance sollte darauf hingewiesen werden, dass für eine unverfälschte Quantifizierung von Abblasseffekten stationäre Bedingungen gewährleistet sein sollten und dass bei der Untersuchung von Vehikeleffekten die intrinsische Aktivität des Modellwirkstoffes bekannt sein muss.


Professor Dr. Claudia S. Leopold

Als moderne Vehikelsysteme für die dermale Anwendung erwähnte Professor Dr. Reinhard Neubert, Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Fachbereich Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, in seinem Vortrag Liposomen, multiple Emulsionen und Nanopartikel. Während die dermale Anwendung von Liposomen in der Literatur eine kontroverse Diskussion findet, konnte in Untersuchungen gezeigt werden, dass multiple Emulsionen ebenso wie Nanopartikel in der Lage sind, über den Liberationsprozess die Penetration von Wirkstoffen in die Haut zu steuern und die Wirkstoffstabilität positiv zu beeinflussen. Auch kolloidale Vehikel wie Mikroemulsionen wurden in Bezug auf den Mechanismus der Wirkstoffpenetration untersucht. Hierbei konnte gezeigt werden, dass diese Trägersysteme Vorteile hinsichtlich einer transdermalen Therapie aufweisen.

Dermokosmetik - mehr als
dekorative Verpackung




Professor Dr. med. Peter Elsner

Im Vortragsblock „Dermokosmetik" wurde deutlich, dass die Industrie hier einem wachsenden Anspruch gegenüber dem Gesetzgeber beziehungsweise dem Verbraucher Rechnung zu tragen hat. Zu den aktuellen Aspekten der europäischen Kosmetikgesetzgebung äußerte sich Professor Dr. med. Peter Elsner von der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Mit dem sechsten Amendment der europäischen Kosmetikdirektive 76/768 EEC, der derzeit gültigen Basis der Kosmetikgesetzgebung in Europa, wurde die Kennzeichnungspflicht für die Bestandteile von Kosmetika eingeführt, eine obligatorische Sicherheitsbewertung verankert und erstmals auch der Begriff der „Wirksamkeit" von Kosmetika einbezogen. So müssen Hersteller, die Kosmetika auf den Markt bringen, ein Produktdossier vorhalten, das sowohl die Sicherheit wie auch die ausgelobte Wirksamkeit belegt. „Damit ist", so betonte Elsner, „der Wirksamkeitsnachweis für Kosmetika zur gesetzlichen Pflicht geworden." Berücksichtigung fand in dieser Gesetzesergänzung auch die Verpflichtung zum Ersatz von Tierversuchen in der Sicherheitsbewertung, soweit validierte Alternativmethoden vorliegen.

In der klinischen Dermatologie und in der Berufsdermatologie sind Hautirritationen, die durch Reinigungs- und Spülmittel sowie durch Detergenzien und Seifen hervorgerufen werden, ein häufiges Problem. Eine einfache Methode zur Erfassung der Irritation von Handreinigungsmitteln ist die Corneosurfametrie, die von Dr. Bernard Gabard, Abteilung Biopharmazie der Spirig AG, Egerkingen/Schweiz, erläutert wurde. 19 verschiedene Syndets und Shampoos, die alle als „mild", „hautschonend" oder „für Babies geeignet" deklariert wurden, sind in seinem Arbeitskreis unter Einsatz des Ellenbeugen-Waschtests, des Seifenkammertests und der Corneosurfametrie auf ihre Hautverträglichkeit geprüft worden. Zur genauen Evaluierung der Hautverträglichkeit wurde ein Irritationsindex vorgeschlagen (IOI). Die Ergebnisse der Corneosurfametrie führten zu einer Klassifizierung der Produkte in drei Kategorien mit steigender Schädigung der Hornschicht. Eine relevante Klassifizierung von Reinigungsprodukten bezüglich ihrer Hautverträglichkeit ist damit auf schnelle, einfache und kostensparende Weise möglich. „Allerdings", so schränkte Gabard ein, „haben auch die Ergebnisse der Bioengineering-Messmethoden gezeigt, dass gewisse Produkte zu Hautreaktionen, zum Beispiel einem Erythem, führen können, die nicht durch eine In-vitro-Prüfung wie die Corneosurfametrie erfasst werden."


Der Lichthof der Universität lud ein zu den bei GD-Jahrestagungen stets geschätzten interdisziplinären Pausengesprächen.

Inwieweit eine zufriedenstellende, hautschonende Rückfettung bei der Verwendung von Hautreinigungsmitteln möglich ist, erläuterte Professor Dr. med. Wolfgang Gehring von der Hautklinik am Klinikum der Stadt Karlsruhe. Dazu wurden Untersuchungen an Hautreinigungsmitteln wie Waschlösungen, Badeölen, Duschölen und Duschcremes vorgenommen, deren Ergebnisse Sie in dem gesonderten Beitrag "Eine Rückfettung ist nicht automatisch gewährleistet" nachlesen können.


Dr. med. Frank Rippke

Dass durch Dexpanthenol-haltige Externa die epidermale Regeneration beschleunigt werden kann, wurde in einer von Dr. med. Frank Rippke, Beiersdorf AG, Hamburg, vorgestellten Studie bestätigt. Im humanen epidermalen Saugblasenmodell wurde der Einfluss einer kosmetischen W/O-Emulsion mit fünf Prozent Dexpanthenol auf die epidermale Regeneration untersucht. Durch Unterdruck (0,4 bar) werden in diesem Modell intra-epidermale Hautdefekte induziert und anschließend mit den Prüfprodukten beziehungsweise physiologischer Kochsalzlösung als Kontrolle behandelt. Als Maß der Barrierefunktion wird alle 24 Stunden der transepidermale Wasserverlust bestimmt. Das Dexpanthenol-haltige Prüfprodukt wies im Gegensatz zur Kontrolle und seiner wirkstofffreien Grundlage einen signifikanten epithelisierungsfördernden Effekt insbesondere in der frühen Applikationsphase auf.

Thema auf der Jahrestagung war auch der berufliche Hautschutz. Welche Hautschutzmittel dem repetitiven Irritationstest standhalten und somit für Arbeitsbereiche geeignet sind, bei denen eine besondere Belastung der Hände vorliegt, zeigte Andreas Klotz, Stockhausen GmbH & Co. KG,
Krefeld, anhand einer Wirksamkeitsprüfung. Den ausführlichen Bericht über die Testergebnisse eines neuartigen Hautschutzpräparates auf Basis einer multiplen Emulsion finden Sie in dem Bericht "Breites Anwendungsgebiet für eine multiple Emulsion" in dieser Ausgabe.


Aktuelles zur Dermato-
pharmakologie und -therapie



Interessante Aspekte der Dermatopharmakologie und -therapie wurden in einem Themenblock diskutiert, in dem es um neue und neuentdeckte Methoden ging. Die genomische Analyse der Medikamentenwirkung stellte Professor Dr. med. Thomas Ruzicka von der Hautklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf für die Zukunft in Aussicht. Dabei wird es möglich sein, nicht nur zielgerichtete Medikamentenentwicklung zu betreiben, sondern ebenso die erwünschte und unerwünschte Wirksamkeit auf molekularer Basis zu erkennen und zu beeinflussen.


Professor Dr. med. Thomas Ruzicka



Dr. Karl-Heinz Nietsch

Zur hauttoxikologischen Bewertung topischer Glukokortikoide, deren Einsatz bei chronisch-entzündlichen Dermatosen oftmals unvermeidbar ist, eignet sich hochfrequenter Ultraschall, wie Dr. Karl-Heinz Nietsch, Aventis Pharma Deutschland GmbH, Bad Soden, anhand einer Studie zeigen konnte. Deren Ziel war es, das Risiko der atrophogenen Potenz unterschiedlicher mittelstarker Kortikosteroide abzuschätzen. Erfahrungen mit konventionellen halogenierten Kortikosteroiden zeigen, dass die antientzündliche Wirkung mit einer ebensolchen antiproliferativen Potenz einhergeht.

Bei den neueren, halogenfreien Kortikosteroiden wie dem doppelt-veresterten Prednicarbat fällt die entsprechende Nutzen-Risiko-Bewertung dagegen wesentlich günstiger aus. In der vorgestellten Studie wurden bei 24 Probanden unter strengen Studienbedingungen (doppelblind, randomisiert, intraindividuell) Prednicarbat 0,25 Prozent Salbe, Betamethason-17-valerat 0,1 Prozent Salbe und Mometasonfuroat 0,1 Prozent Salbe über einen Zeitraum von sechs Wochen zweimal täglich auf vormarkierte Felder der Armbeuge aufgetragen. Die Veränderung der Hautdicke wurde einmal wöchentlich mit einem Hautsonographen gemessen. Die maximale Abnahme der Hautdicke nach 36 Tagen war mit 13 Prozent am geringsten unter der Prednicarbat 0,25 Prozent Salbe, während sie bei dem ebenfalls halogenfreien Mometasonfuroat bei 17 Prozent und beim Betamethason-17-valerat bei 24 Prozent lag. Anzeichen von Atrophien oder Teleangiektasien wurden unter Prednicarbat bei keinem der Probanden beobachtet. Bei den mit Mometasonfuroat und Betamethason-17-valerat behandelten Hautfeldern traten je zwei Fälle von Atrophien und Teleangiektasien auf.


Die Architektur des Universitätsgebäudes bot den Tagungsteilnehmern ein angenehmes Ambiente.


Jungbrunnen für Altershaut?

Ob es für die alternde und alte Haut einen neuen Jungbrunnen gibt, fragte Professor Dr. med. Isaak Effendy von der Dermatologischen Klinik der Philipps-Universität Marburg. Das Angebot an Externa, die Hautglättung, Hautverschönerung und -verjüngung versprechen, ist ebenso groß wie vielfältig. Im Vordergrund stehen dabei Substanzen mit Irritationspotenzial wie Vitamin A-Säure oder Fruchtsäuren. In eigenen Untersuchungen konnte Effendy feststellen, dass Natriumlaurylsulfat und Calcipotriol vergleichbare biophysikalische Hautveränderungen und vor allem eine Zunahme der Proliferationsrate der Epidermiszellen hervorrufen können. Zukünftige Untersuchungen werden mehr Aufschluss darüber geben, ob die Hoffnung auf ewig jugendliche Haut berechtigt sein darf.


Professor Dr. med. Isaak Effendy

Nicht ganz auf frischer Tat, sondern eher zufällig ertappt wurde ein Phytokosmetikum, das bei atopischer Dermatitis positive Effekte zeigte. Unbestritten war eine rasch eintretende entzündungshemmende und juckreizstillende Wirkung, wie Professor Dr. med. Andreas J. Bircher von der Allergologischen Poliklinik des Kantonsspitals Basel vortrug. Unklar blieb jedoch zunächst, worauf die Wirkung beruhte, da sie keinem der deklarierten Inhaltsstoffe zuzuordnen war. Erst die Analyse der Inhaltstoffe mittels Flüssigkeits- und Gaschromatographie zeigte, dass die Creme Triamcinolonactonid in Konzentrationen von 16 bis 40 Mikrogramm pro Gramm enthielt. Zwar liegt dieser Wert unter den Konzentrationen therapeutischer Präparate (100 - 1000 µg/g), als Bestandteil eines Kosmetikums sind Kortikosteroide jedoch illegal. Bircher resümierte, dass Kortikosteroide auch in geringen Konzentrationen bereits eine therapeutische Wirkung zeigen können, wie dieses Beispiel bestätigte. Aus diesem Grund sollten freiverkäufliche Präparate mit verblüffend guter Wirksamkeit dringend auf illegale Inhaltsstoffe untersucht werden.


Wundheilung durch Biochirurgie
und Tissue Engineering


Was schon zu Zeiten Napoleons und später im ersten Weltkrieg beobachtet wurde, hat seit dem vergangenen Jahrhundert eine Renaissance erlebt: Über die Wundbehandlung mit Maden berichtete Professor Dr. med. Theo Rufli von der Dermatologischen Universitätsklinik am Kantonsspital Basel. Warum sogar großflächige Wunden, die mit Fliegenlarven - wie man damals zufällig und zum Entsetzen entdeckte - befallen waren, keine Infektion aufwiesen und rasch und komplikationslos heilten, interessierte den amerikanischen Orthopäden Baer. Nach dem ersten Weltkrieg begann er mit der wissenschaftlichen Entwicklung der Biochirurgie. Sie beruht darauf, dass zwei bis drei Tage alte Larven auf die zu reinigenden Wunden gebracht werden.


Professor Dr. med. Theo Rufli

Innerhalb von drei bis vier Tagen wird das nekrotische Gewebe durch Speichelenzyme der Larven, Proteasen mit starker Kollagenase-Aktivität, präoral vorverdaut und dann aufgenommen. Die bakterielle Besiedlung wird sowohl durch die Ausscheidung von bakteriziden Peptiden wie auch durch Degradation im Darmlumen reduziert. Rufli hält es für möglich, dass in diesem Prozess die Ausscheidung von Zytokinen zumindest einen Teil der messbaren Durchblutungssteigerung und Ödemreduktion erklärt. Heutzutage könne diese Methode als sicher und sehr effektiv bezeichnet werden. Obwohl die Prozedur mit erheblichen Schmerzen, die aber mit einer entsprechenden Therapie beherrschbar sind, einhergeht, wird sie von den Patienten gut akzeptiert. Die Nachteile liegen, wie Rufli sagte, in der Logistik und auch darin, dass es nicht ganz einfach ist, die erforderliche Sterilität der Fliegenlarven zu erreichen.

Zu den pharmakoökonomischen Aspekten des Tissue Engineering bei Ulcus cruris und einer damit verbundenen Keratinozyten-Transplantation äußerte sich Privatdozent Dr. med. Matthias
Augustin von der Universitäts-Hautklinik Freiburg/Breisgau. Ulcera sind nicht nur eine erhebliche Kostenbelastung für das Gesundheitswesen, sondern bedeuten auch für den Patienten eine starke körperliche und seelische Belastung mit Einschränkung der Lebensqualität. Als Alternative zu den bislang etablierten, aber eher unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten stellte Augustin die In-vitro-Kultivierung und Transplantation von Keratinozyten-Suspensionen autologer und allogener Herkunft als einen biotechnologischen Therapieansatz vor.


PD Dr. med. Matthias Augustin

Weil sich daraus initial allerdings höhere Kosten ergeben, stellt sich die Frage, ob das Tissue-Engineering-Verfahren langfristig auch aus pharmakoökonomischer Sicht für die Therapie chronischer Ulcera sinnvoll sein kann. Erste Vergleichsdaten aus einer Metaanalyse und eigenen Studienergebnissen aus einer Untersuchung mit 42 Patienten ergaben, dass bei konservativer Therapie Kosten zwischen 15.000 und 30.000 Mark pro Jahr und Patient entstehen gegenüber 8.000 bis 20.000 Mark bei Einsatz moderner Bioengineering-Verfahren. Hierbei ist jedoch von einer ambulanten Behandlung auszugehen und weiterhin von einer deutlich längeren rezidivfreien Zeit im Vergleich zur konservativen Therapie. Augustin räusmte ein, dass die Datenlage derzeit noch zu „dünn" ist, um eine systematische Bewertung durchführen zu können. Aufgrund der derzeitigen Bedingungen des deutschen Vergütungssystems sieht er jedoch in der Behandlung des Ulcus cruris mit Keratinozyten-Transplantaten aus pharmakoökonomischer Sicht eine für die Zukunft interessante Alternative zur konventionellen Therapie.

Mit einem Schlusswort des stellvertretenden Vorsitzenden der Gesellschaft für Dermopharmazie, Professor Dr. med. Hans Christian Korting, Dermatologische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, endete die 5. Jahrestagung der GD in Zürich. Korting lud zum Abschluss seiner Ausführungen zur 6. GD-Jahrestagung ein, die unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Dr. med. Martina Kerscher, Hamburg, und Professor Dr. Rolf Daniels, Braunschweig, am 21. März 2002 an der Universität Hamburg abgehalten wird. Tags darauf findet am gleichen Tagungsort unter der wissenschaftlichen Leitung von Privatdozent Dr. med. Matthias Augustin das 3. Symposium „Gesundheitsökonomie in der Dermatologie" statt, das erstmalig in Kooperation der Freiburger Hautklinik mit der GD ausgerichtet wird. (ghw/jk)


Die Tagung in Zürich war ein voller Erfolg. Die Leiterin des Tagungsbüros, Anne Kresken, und der Schatzmeister der GD, Dr. Siegfried Wallat, freuen sich schon auf die bevorstehende 6. GD-Jahrestagung in Hamburg.

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