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titel_small   Ausgabe 1 (2012)

Dermatotherapie

Medikamentöse Therapie des malignen Melanoms
Hemmstoffe von zellulären Signalwegen bieten vielfältige Behandlungsoptionen

Bericht von Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel

Signalwege in Tumorzellen werden als Zielstrukturen für die Pharmakotherapie von Krebserkrankungen zunehmend interessant. Der Ansatz, solche Signalwege zu hemmen, erscheint insbesondere für die Behandlung des malignen Melanoms aussichtsreich. Mit dem monoklonalen Antikörper Ipilimumab (Yervoy®) und dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib (Zelboraf®) sind inzwischen zwei auf diesem Wirkprinzip basierende Pharmaka zur Behandlung bestimmter Formen des malignen Melanoms zugelassen. Eine weitere Therapieoption, die derzeit noch Gegenstand der klinischen Forschung ist, könnten die als MEK-Inhibitoren bezeichneten Hemmstoffe der Mitogen-aktivierten Proteinkinase werden. Vertreter dieser Stoffklasse scheinen vor allem für die Kombinationstherapie mit Hemmstoffen anderer Signalwege interessant zu sein. Für eine abschließende Bewertung dieses Therapieprinzips reichen die bis jetzt vorliegenden Daten jedoch noch nicht aus.


Einen Überblick über den Stand der medikamentösen Therapie des malignen Melanoms vermittelte Professor Dr. Albert Rübben in einem Vortrag anlässlich der 16. GD-Jahrestagung im März 2012 in Berlin. Professor Rübben leitet das Hautkrebszentrum der Hautklinik am Universitätsklinikum der RWTH Aachen.

Ipilimumab und Vemurafenib
sind wertvolle Innovationen


Die bisherige Standardtherapie des malignen Melanoms mit dem Zytostatikum Dacarbicin hat nach Rübbens Angaben eine objektive Ansprechrate von fünf bis zwanzig Prozent. Die Patienten würden unter dieser Therapie im Median sieben bis neun Monate überleben, eine signifikante Lebensverlängerung sei durch diese Therapie bisher aber nicht festgestellt worden.

Durch die jüngsten Innovationen Ipilimumab und Vemurafenib seien die Behandlungsmöglichkeiten wesentlich erweitert worden. Diese beiden neuen Wirkstoffe sind bei der GD-Jahrestagung 2011 im niederländischen Vaals sowie in der Ausgabe 2/2011 von DermoTopics bereits ausführlich dargestellt worden. Inzwischen wurden beide Substanzen in Deutschland zugelassen.

Ipilimumab blockiert das Molekül CTLA4 auf Lymphozyten und verstärkt dadurch die T-Zell-vermittelte Immunaktivierung. Erstmals seit Jahrzehnten führt diese Therapie zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit beim malignen Melanom. Je nach Vergleich beträgt der durchschnittliche Überlebensvorteil sechs bis neun Monate.

ruebben
Professor Dr. Albert Rübben ist Leiter des Hautkrebszentrums der Hautklinik am Universitätsklinikum der RWTH Aachen. In einem Vortrag anlässlich der 16. GD-Jahrestagung vom 1. bis 3. März 2012 in Berlin informierte er über den aktuellen Stand der medikamentösen Therapie des malignen Melanoms. Seine Ausführungen machten deutlich, dass sich auf diesem Gebiet in den letzten zwei Jahren mehr entwickelt hat als in den 30 Jahren zuvor.

In einer Studie hätten 45,6 Prozent der Patienten nach einem Jahr noch gelebt. Einige Patienten könnten sogar Jahre mit der neuen Behandlung überleben. Als unerwünschte Wirkungen seien diverse Autoimmunerkrankungen im gesamten Organismus zu beobachten. Besonders gefährlich seien die Colitis und die Peritonitis.

Die Innovationen haben neue
Behandlungsstrategien zur Folge


Ein anderer Therapieansatz ist die Blockade aktivierender Onkogenmutationen. So blockiert Vemurafenib die BRAF-Kinase (BRAF-V600), die bei rund 60 Prozent der malignen Melanome aktiviert ist. Im Vergleich zu Dacarbicin, so Rübben, könne das Überleben mit Vemurafenib um fünf Monate verlängert werden.

Als Konsequenz aus den jetzt verfügbaren Therapieoptionen leitete Rübben eine neue Behandlungsstrategie ab, die zunächst ein Mutationsscreening erfordert. Falls bei dem Melanom eine BRAF-Mutation besteht, sollte Vemurafenib eingesetzt werden, anderenfalls die bisher etablierte Therapie mit Dacarbicin. Schreitet die Krankheit unter einer dieser Behandlungen fort, solle Ipilimumab gegeben werden.

Die Blockade weiterer Signalwege erscheint als zusätzliche Therapieoption und ist noch Gegenstand der klinischen Forschung. Doch auch nach der eventuellen Einführung solcher Arzneimittel würden herkömmliche Zytostatika nicht überflüssig, vielmehr seien Kombinationstherapien gefragt, erklärte Rübben.

Auch MEK-Inhibitoren kommen
als Therapieoption in Betracht


Eine weitere zelluläre Zielstruktur für die Melanomtherapie ist die Mitogen-aktivierte Proteinkinase (MEK). Dieser Signalweg drängt sich als Therapieansatz auf, weil er gemäß präklinischen Untersuchungen in den meisten Melanomen aktiviert ist. Als therapeutische Targets dienen dabei die MEK-Isoformen 1 und 2, denn diese werden mit der Fähigkeit zum Überleben der (Krebs-)Zellen in Verbindung gebracht.

Bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Juni 2012 in Chicago, dem weltweit größten Krebskongress, wurden Ergebnisse zum klinischen Einsatz von MEK-Inhibitoren sowohl in der Mono- als auch in der Kombinationstherapie vorgestellt. Die Hintergründe und Daten dazu ergeben sich aus Pressemitteilungen über den Kongress.

Das Interesse an der Kombinationstherapie mit MEK-Inhibitoren ergibt sich indirekt auch aus dem Einsatz von BRAF-Inhibitoren wie Vemurafenib. Präklinische Daten sprechen nämlich dafür, dass die BRAF-Blockade den unerwünschten Effekt haben kann, den MEK-Signalweg zu aktivieren. Diese Beobachtung bildet den Hintergrund für die Kombination beider Ansätze.

Trametinib wurde in Kombination
und als Monotherapie geprüft


Die Firma GlaxoSmithKline präsentierte beim ASCO-Kongress 2012 eine Phase-I/II-Studie zu einer Kombination aus dem oral anwendbaren MEK1/2-Inhibitor Trametinib und dem BRAF-Inhibitor Dabrafenib. Von 77 Melanom-Patienten ohne Vorbehandlung mit einem BRAF-Inhibitor sprachen 56 Prozent auf die Behandlung an.

Sowohl der durch den MEK-Inhibitor verursachte Ausschlag als auch die hyperproliferativen Hautschädigungen durch den BRAF-Inhibitor traten bei der Kombination seltener auf als bei den jeweiligen Monotherapien. Allerdings wurden – ähnlich wie unter Vemurafenib – einige schwere unerwünschte Wirkungen festgestellt. So entwickelten zwei Patienten ein Plattenepithelkarzinom.

Strukturformel von Trametinib

trametinib


Das progressionsfreie Überleben unter der Kombinationstherapie betrug 7,4 Monate, die Studie hatte jedoch keinen Kontroll-arm. Eine Phase-III-Studie mit der Kombination im Vergleich zu Monotherapien mit BRAF-Inhibitoren dauert noch an. Bereits abgeschlossen ist dagegen eine Phase-III-Studie zur Monotherapie mit Trametinib.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden ebenfalls beim ASCO-Kongress 2012 präsentiert. Danach überlebten Patienten mit BRAF-V600E/K-positivem Melanom, die keine Vorbehandlung mit BRAF- oder MEK-Inhibitoren erhalten hatten, im Mittel 4,8 Monate ohne Progression im Vergleich zu 1,4 Monaten unter der Therapie mit den Zytostatika Dacarbizin oder Paclitaxel. Für den vermuteten Vorteil von Trametinib beim Gesamtüberleben liegen jedoch noch keine Belege vor.

Kombinationstherapien bedürfen
noch weiterer Daten


Trotz der bis jetzt vorliegenden positiven Ergebnisse von Monotherapien sind MEK-Inhibitoren wohl in erster Linie für Kombinationstherapien interessant. So hat neben GlaxoSmithKline auch die Firma Roche eine Kombination von einem BRAF- und einem MEK-Inhibitor in einer Phase-I-Studie untersucht. Einbezogen in diese Studie waren Vemurafenib und der MEK1/2-Inhibitor GDC-0973.

Doch MEK-Inhibitoren könnten auch in Kombination mit Hemmstoffen anderer Signalwege aussichtsreich sein. So wird GDC-0973 auch in Kombinationen mit Hemmstoffen des PI3K-AKT-Signalwegs zur Anwendung bei soliden Tumoren untersucht. Sehr frühe Ergebnisse sprechen auch hier für eine Therapieantwort.

Insgesamt sind die Daten über Kombinationen von Hemmstoffen der Signalwege in Melanomzellen jedoch noch mager. Bisher stehen sich zwei grundsätzliche Überlegungen gegenüber: Einerseits besteht die Gefahr, dass sich die unerwünschten Wirkungen der verschiedenen Therapieansätze überlagern. Andererseits gibt es vielversprechende Ergebnisse, die für aussichtsreiche synergistische Effekte durch solche Kombinationen sprechen.

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