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  Ausgabe 1 (2003)

Dermokosmetik
Sicherheitstoxikologische Prüfung von Kosmetika
Fortschritte bei der Entwicklung, Validierung und behördlichen Anerkennung von Ersatzmethoden zum Tierversuch


Tierversuche für Kosmetika werden von zahlreichen Verbrauchern stark kritisiert. Dieser Kritik, die von Tierschutzverbänden ausging, haben sich inzwischen auch Behörden und Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten angeschlossen. Nachdem kosmetische Fertigprodukte in Deutschland auf Grund der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes schon seit Jahren nicht mehr im Tierversuch getestet werden dürfen, sieht die am 27. Februar 2003 nach mehrjähriger Diskussion verabschiedete 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie eine stufenweise Einschränkung und ab dem Jahr 2013 ein endgültiges Verbot von Tierversuchen für Kosmetika vor. Grund für das abgestufte Vorgehen ist die Tatsache, dass noch nicht alle vorgeschriebenen Tierversuche durch tierversuchsfreie Methoden ersetzt werden können. In den letzten zehn Jahren wurden jedoch bei der Entwicklung, Validierung und internationalen behördlichen Anerkennung von tierversuchsfreien Methoden so große Fortschritte erzielt, dass schon in naher Zukunft keine Tierversuche mehr für Kosmetika nötig sein werden.

Über die Fortschritte, die dank gemeinsamer Anstrengungen von Wissenschaftlern in Laboratorien der Kosmetikindustrie und in anderen Forschungsinstituten bei der Entwicklung von Alternativmethoden zum Tierversuch erzielt wurden, informierte GD-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Horst Spielmann beim GD-Symposium "Wirkungen von Dermokosmetika" im Oktober 2001 in Düsseldorf sowie bei der 7. GD-Jahrestagung im April 2003 in Bonn. Spielmann ist Leiter der Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin.

Bei der Entwicklung, Validierung und behördlichen Anerkennung von Ersatzmethoden zum Tierversuch wurden in den letzten zehn Jahren enorme Fortschritte erzielt. Nachdem kosmetische Fertigprodukte schon seit längerem nicht mehr tierexperimentell getestet werden dürfen, werden in naher Zukunft auch für die sicherheitstoxikologische Prüfung neuer kosmetischer Rohstoffe keine Tierversuche mehr notwendig sein.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Neben dem im Tierschutzgesetz verankerten Verbot von Tierversuchen für kosmetische Fertigerzeugnisse dürfen auch kosmetische Rohstoffe ebenso wie alle sonstigen Chemikalien nicht mehr im Tierversuch geprüft werden, wenn für das betreffende Prüfvorhaben eine wissenschaftlich fundierte und experimentell erprobte tierversuchsfreie Ersatzmethode zur Verfügung steht. So müssen in der EU für Prüfungen zur perkutanen Resorption, zur Ätzwirkung und zur Phototoxizität bereits heute tierversuchsfreie Methoden angewendet werden. Für Prüfungen auf augenreizende, hautreizende und hautsensibilisierende Eigenschaften soll gemäß Vorgabe der 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie bis spätestens Ende 2006 und für Prüfungen auf embryotoxische Eigenschaften bis Ende 2012 auf Tierversuche verzichtet werden. Für Prüfungen auf fruchtbarkeitshemmende und auf krebserzeugende Eigenschaften sowie für die Bestimmung der Verteilung und des Metabolismus von Fremdstoffen im Organismus (Toxikokinetik) werden dagegen nach Einschätzung der EU-Kommission auch noch nach 2012 komplexe Tierversuche erforderlich sein.

Voraussetzung für die behördliche Anerkennung einer tierversuchsfreien Prüfmethode ist deren experimentelle Validierung. Die Validierung dient dem Nachweis, dass die neue Methode in gleicher Weise eine Abschätzung des betreffenden Risikos gestattet wie ein etablierter Tierversuch. Der Validierungsprozess, den eine neue Methode durchlaufen muss, bis sie von der EU und weltweit von allen Mitgliedsstaaten der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) anerkannt wird, ist sehr teuer und zeitaufwendig. Bisher wurden von der EU und der OECD nach jeweils etwa zehnjähriger experimenteller Validierung erst vier tierversuchsfreie Alternativmethoden in die offiziellen behördlichen Prüfrichtlinien aufgenommen.

Professor Dr. med. Horst Spielmann setzt sich für den Ersatz von Tierversuchen durch wissenschaftlich fundierte In-vitro-Methoden ein. Ein von ihm verfasster Beitrag unter dem Titel "Neue Methoden zur tierversuchsfreien Verträglichkeitsprüfung von Kosmetika" wurde im E-Journal von DermoTopics, Ausgabe 1/2003, veröffentlicht (www.dermotopics.de).

Tierversuchsfreie Prüfmethoden
Der Prozess der Entwicklung, Validierung und behördlichen Anerkennung von tierversuchsfreien Methoden ist bei den einzelnen, zur toxikologischen Absicherung von Kosmetika notwendigen Prüfungen unterschiedlich schnell vorangeschritten. Der aktuelle Stand lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Augenreizung

Zur Prüfung auf augenreizende Eigenschaften wurden in Europa vier inzwischen von allen EU-Mitgliedsstaaten anerkannte Alternativmethoden zum Ersatz des stark belastenden Draize-Tests am Kaninchenauge entwickelt und validiert. Durchgeführt werden diese Tests an der isolierten Cornea des Rindes (BCOP-Test), am bebrüteten Hühnerei (HET-CAM-Test), am isolierten Kaninchenauge (IRE-Test) beziehungsweise am isolierten Hühnerauge (ICE-Test). Die Alternativmethoden sind bisher jedoch nur zur Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen mit stark augenreizenden Eigenschaften zugelassen. Zur Unterscheidung zwischen nicht und gering augenreizenden Eigenschaften, wie sie für Kosmetika wichtig sind, werden sie dagegen trotz intensiver experimenteller Validierung bisher noch nicht von den Behörden akzeptiert.

Reizwirkung an der Haut

Mit dem Ziel, eine tierversuchsfreie Methode zur Prüfung auf hautreizende Eigenschaften zu etablieren, haben die Validierungszentren für Alternativmethoden zum Tierversuch der EU (ECVAM) und der USA (ICCVAM) in diesem Jahr gemeinsam eine internationale Validierungsstudie mit kommerziellen menschlichen Hautmodellen begonnen. Vom Ergebnis dieser Studie, an der alle wichtigen Kosmetikhersteller beteiligt sind, wird es abhängen, ob zur Prüfung der Reizwirkung, wie in der 7. Änderungsrichtlinie vorgesehen, bis Ende 2006 auf Tierversuche verzichtet werden kann.

Ätzwirkung an der Haut

Zur Prüfung auf Ätzwirkung an der Haut sind Tierversuche schon heute in der EU verboten. Bereits im Jahr 2000 wurden drei In-vitro-Verfahren mit Rattenhaut beziehungsweise biotechnologisch hergestellter, künstlicher Humanhaut als offizielle Prüfmethoden in die EU-Gefahrstoffverordnung aufgenommen. Die Methode mit dem Humanhautmodell EpiDermTM, wurde im Jahr 2002 durch die Expertenkommission der OECD für die weltweite Anwendung akzeptiert. Die erfolgreiche Entwicklung und Validierung dieser Methode wurde vom deutschen Validierungszentrum ZEBET koordiniert.

Sensibilisierung an der Haut


Für die bei Kosmetika unerlässliche Prüfung auf sensibilisierende Eigenschaften akzeptieren die Mitgliedsstaaten der EU, der OECD und die USA seit 2001 einen an den Ohr-Lymphknoten von Mäusen durchgeführten Ex-vivo-Test (Local Lymph Node Assay, LLNA). Dieser Test ist für die Versuchstiere wesentlich weniger belastend als der bisher übliche, an der Haut von Meerschweinchen durchgeführte Sensibilisierungstest nach Magnusson und Kligman.

Perkutane Resorption


Werden Inhaltsstoffe von Kosmetika nicht durch die Haut aufgenommen, müssen sie gemäß einer Entscheidung der EU-Expertenkommission nicht weiter auf systemische Wirkungen geprüft werden. Für die Sicherheitsbewertung dieser Stoffe hat deshalb die Prüfung auf perkutane Resorption eine hohe Bedeutung. Die OECD hat für die Prüfung auf perkutane Resorption im Juni 2001 ein Testverfahren mit menschlicher Haut, die aus Operationsmaterial stammt, zur weltweiten Anerkennung empfohlen.

Phototoxizität


Zur Prüfung der Phototoxizität wurde ein In-vitro-Test mit einer Fibroblastenzelllinie der Maus (3T3 NRU Phototoxicity Test) entwickelt und unter der Koordination von ZEBET erfolgreich validiert. Da dieser Test eine bessere Voraussage der phototoxischen Eigenschaften einer Substanz ermöglicht als jede andere Prüfmethode, wurde er im Jahr 2000 als einziger Phototoxizitätstest in die EU-Gefahrstoffverordnung aufgenommen. Im Jahr 2002 folgte die Anerkennung durch die Expertenkommission der OECD. Damit ist diese Prüfmethode der erste In-vitro-Toxizitätstest, der nach erfolgreicher experimenteller Validierung weltweit für behördliche Zwecke akzeptiert wird.

Nach Spielmanns Angaben hat die Anwendung der inzwischen anerkannten tierversuchsfreien Ersatzmethoden nicht zu einer Einschränkung des Verbraucherschutzes geführt. Auch habe der Tierschutz nicht, wie häufig behauptet wird, zu einem Stillstand bei der Entwicklung innovativer Kosmetika geführt. Die 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie ist für Spielmann ein wichtiger Meilenstein zur Verstärkung der Position der europäischen Kosmetikindustrie auf dem Weltmarkt. Sie sei an der Realität konzipiert und berücksichtige die Bedürfnisse der Verbraucher, ohne den wissenschaftlichen Fortschritt und den Tierschutz zu vernachlässigen. (JK)

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