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GD — Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

   
 

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  Ausgabe 2 (2003)

Dermopharmazie aktuell
7. GD-Jahrestagung am 1. und 2. April 2003 in Bonn
Innovative Ansätze zur Behandlung und Vorbeugung von Hautkrankheiten


Bericht von Thomas Müller-Bohn, Süsel

Die 7. Jahrestagung der GD Gesellschaft für Dermopharmazie fand am 1. und 2. April 2003 im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn statt und wurde von über 200 Teilnehmern besucht. Mit der Wahl des Tagungsortes brachte die GD ihre Bemühungen um gute Kontakte zu den für dermopharmazeutische Fragestellungen wichtigen Behörden zum Ausdruck. Wissenschaftlicher Leiter der Tagung war GD-Mitglied Professor Dr. med. Dr. h.c. Thomas Ruzicka, Direktor der Hautklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Getreu der interdisziplinären Zielsetzung der GD bot die Veranstaltung ein breit gefächertes Programm, das die verschiedensten Themen rund um die Dermopharmazie umfasste.


Neben dem wissenschaftlichen Hauptprogramm fanden eine Posterausstellung sowie weitere Vortragsveranstaltungen zu speziellen Themen statt. So hatte die GD-Fachgruppe Dermokosmetik einen Workshop unter dem Titel „Reinigung und Pflege der zur Akne neigenden Haut" organisiert, während die Fachgruppe Dermatopharmakologie ein Symposium zum Thema „Innovative Dermatika: Vom Molekül zur Zulassung" ausrichtete (siehe hierzu Kurzbericht auf Seite 23). Abgerundet wurde das Programm durch eine Abendveranstaltung im Kunstmuseum Bonn, in deren Rahmen der erste Dermopharmazie-Innovations-Preis (DIP) vergeben wurde (siehe Seite 4), sowie durch das Symposium „Topische Immunmodulatoren: Etablierte und zukünftige Indikationen", das die Firma Fujisawa Deutschland GmbH zum Abschluss der Tagung im Gästehaus Petersberg in Königswinter veranstaltete.

In seiner Eröffnungsansprache zum wissenschaftlichen Hauptprogramm dankte der GD-Vorsitzende Dr. Joachim Kresken, Viersen, dem BfArM für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der Tagung in den neuen repräsentativen Räumen. Das Programm selbst deckte mit Vorträgen aus den Bereichen Dermopharmazeutische Chemie, Pharmazeutische Technologie, Biopharmazie, Dermatopharmakologie, Dermatotherapie und Dermokosmetik praktisch alle Teilgebiete der Dermopharmazie ab. Ergänzt wurde es erstmalig durch zwei Mittagsseminare, die von den Firmen Galderma und Trommsdorff ausgerichtet wurden. Themen dieser Seminare waren die photodynamische Therapie und der Einsatz von Nagelpflastern bei der Onychodystrophie.


Eröffnet wurde die 7. GD Jahrestagung vom GD-Vorsitzenden Dr. Joachim Kresken.

Zulassungshürden für Dermatika



Das Hauptprogramm begann mit einem Grundsatzreferat eines Wissenschaftlers des BfArM, Professor Dr. med. Achim Zesch, der eine Übersicht über die Zulassungsverfahren beim BfArM und bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA gab. Bei dem gegenseitigen Anerkennungsverfahren (Mutual Recognition Procedure, MRP) fungiert das ursprüngliche Zulassungsland als Berichterstatter für die Verfahren in den anderen Mitgliedsländern. Bei den Herstellern sei eine Ablehnung in diesem Anerkennungsverfahren besonders gefürchtet, weil dies die bereits erfolgte nationale Zulassung nachträglich gefährden könne.


Austragungsort der 7. GD-Jahrestagung war der Neubau des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn.

Als Dermatologe ging Zesch auch auf die bei der Zulassung topischer Dermatika zu beachtenden Besonderheiten ein. Die Nutzen-Risiko-Bewertung bereite meistens wenig Probleme, wenn die zur Zulassung beantragte Zubereitung nur zur Anwendung auf kleinen Hautflächen vorgesehen ist. Wenn jedoch bei Anwendung über große Flächen systemische Wirkungen zu erwarten sind, seien andere Darreichungsformen oft vorteilhafter als Topika.


Professor Dr. med. Achim Zesch vom BfArM informierte über Probleme bei der Zulassung von Dermatika.

Ein weiteres zulassungsrelevantes Problem ist die oft beträchtliche Eigenwirkung des Vehikels. Bei manchen Topika sei weniger der Wirkstoff, sondern mehr das Vehikel für die Wirksamkeit verantwortlich. Doch auch solche Präparate würden zugelassen, wenn die Wirksamkeit der Zubereitung durch Studien belegt sei. Umgekehrt könne sich ein ungeeignetes Vehikel auch kontraproduktiv auf den Therapieeffekt auswirken. Schwer falle die Wirksamkeitsprüfung oft auch bei Krankheiten, die mit einer hohen Selbstheilungsquote und starken psychosomatischen Effekten einhergehen.

Die Anforderungen an fixe Kombinationen seien bei Topika so hoch, dass sich die Beantragung einer Zulassung oft nicht lohne. Auch der Äquivalenznachweis für Generika ist bei Topika aufwendiger als bei anderen Darreichungsformen: Ein anderes Vehikel begründet ein neues Produkt mit der Notwendigkeit zur Durchführung klinischer Studien. Eine Ausnahme bilden hier nur die topischen Glukokortikoide, für die der Abblassungstest als Verfahren zur Äquivalenzuntersuchung anerkannt ist.

Molecular Modelling bei topischen Glukokortikoiden

Professor Dr. Hans-Dieter Höltje, Düsseldorf, berichtete über ein Projekt, das in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Monika Schäfer-Korting, Berlin, stattfand und als Beispiel für erfolgreiches Zusammenwirken pharmazeutisch-chemischer und pharmakologischer Forschung dient. Als Ergebnis entstand ein molekulares Modell des Glukokortikoid-Rezeptors, mit dem zuverlässige Aussagen über das Bindungsvermögen von Arzneistoffen an den Rezeptor möglich sind. Das Molecular Modelling unterstützt die Suche nach neuen Arzneistoffen und trägt zum Verständnis der bekannten Unterschiede im Nutzen-Risiko-Verhältnis topischer Glukokortikoide bei.

Als Ausgangspunkt der Untersuchungen diente der Progesteron-Rezeptor, dessen Kristallstruktur bekannt ist und der eine gute Homologie zum Glukokortikoid-Rezeptor aufweist. Mit Hilfe verschiedener Rechenverfahren konnte ein Modell entwickelt werden, bei dem der physiologische Ligand Cortisol und einige Glukokortikoide sehr gut in die Bindungstasche des Rezeptors eingepasst wurden.

Doch erklärt dieses erste Modell nicht die Bindung aller wirksamen Substanzen, insbesondere große Estergruppen ragen aus dem Bindungsbereich heraus. In der Realität ist die Bindungsregion offenbar variabel und kann sich unter Energieeinsatz an größere Moleküle anpassen. So können auch Moleküle mit unterschiedlichem Volumen und verschiedener Ausrichtung der Substituenten gebunden werden. Dynamikuntersuchungen, die den Einsatz von Wärme simulieren, konnten das Modell um diesen Aspekt erweitern.

Die Qualität des Modells wird durch Berechnungen unterstrichen, bei denen die Daten für eine der untersuchten Substanzen an Hand von Vergleichen mit den Daten der jeweils anderen Substanzen vorhergesagt werden können. Es sind jedoch nicht nur Aussagen über die Liganden möglich, sondern es konnte sogar der Beitrag einzelner Aminosäuren des Rezeptors zu den Bindungseigenschaften ermittelt werden.


Stapelweise neue Erkenntnisse zur Dermopharmazie: So könnte das Kunstwerk im Foyer des BfArM-Gebäudes in Bezug auf die 7. GD-Jahrestagung interpretiert werden.

Stickoxid als neues therapeutisches Prinzip


Das kleine Stickstoffmonoxidradikal war in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand einer enormen Zahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Die Substanz wird unter bestimmten Bedingungen auch in der Haut in relativ hohen Konzentrationen gebildet. Welche physiologischen Hintergründe und therapeutischen Konsequenzen dies haben kann, wurde von Professor Dr. Victoria Kolb-Bachofen und Mitarbeitern am Institut für Immunbiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf untersucht.

Das NO-Radikal wird insbesondere in entzündlichen Situationen durch eine induzierbare Stickstoffmonoxidsynthese (iNOS) aus der Aminosäure L-Arginin gebildet. Entgegen ersten Annahmen trägt das Radikal jedoch nicht selbst zur Gewebezerstörung bei, sondern erfüllt Regulatorfunktionen, die offenbar auch in Tumorzellen erhalten bleiben. Kolb-Bachofen zeigte sich selbst überrascht von ihren Untersuchungsergebnissen, nach denen NO sogar in sehr hohen Konzentrationen nicht toxisch ist.

Die iNOS-Expression ist eine normale Antwort der menschlichen Haut auf UV-Bestrahlung. Sie entsteht bei Gesunden innerhalb eines Tages nach der Bestrahlung und ist drei Tage später nicht mehr nachweisbar. Bei Patienten mit kutanem Lupus bleibt die iNOS-Expression dagegen zunächst aus und setzt erst mit dreitägiger Verzögerung ein.

Untersuchungen an Hautbiopsien zeigten, dass die iNOS auch in Psoriasis-Läsionen nicht ausreichend aktiv ist. Weiterhin wurde nachgewiesen, dass sowohl die Induktion der NO-Synthese als auch exogen zugeführtes NO über verschiedene Wege vor apoptotischem Zelltod durch UVA-Bestrahlung schützen. So wurde in einer ersten Versuchsserie mit sechs gesunden Probanden durch Applikation einer NO enthaltenden Creme während der UV-Bestrahlung das Erythem reduziert und die Hautpigmentierung verstärkt.

Liposomale Verkapselung dermatologischer Wirkstoffe


Die Verkapselung dermatologischer Wirkstoffe in Liposomen war das Thema eines Vortrages von Professor Dr. Alfred Fahr vom Institut für Pharmazeutische Technologie der Universität Jena. Entscheidend, um Liposomen in tiefere Hautschichten einzuschleusen, ist deren Verformbarkeit. Eine weitere Antriebskraft ist offenbar der Feuchtigkeitsgradient zwischen Haut und Umgebung. Liposomale dermatische Zubereitungen sollten deshalb nicht unter okklusiven Bedingungen angewendet werden.

Überraschenderweise stellte Fahr bei seinen Untersuchungen an Modellsystemen mit exzidierter, aus der plastischen Chirurgie stammenden Humanhaut fest, dass durch Verkapselung in fluiden Liposomen nicht nur die Penetration hydrophiler, sondern auch die Penetration besonders lipophiler Arzneistoffe gesteigert werden kann. Am Beispiel des schwer wasserlöslichen Immunsuppressivums Ciclosporin A wurde dies auch in einem Tiermodell für Alopecia areata gezeigt: Haarlose Ratten, die topisch mit liposomal verkapseltem Ciclosporin A behandelt wurden, entwickelten innerhalb weniger Wochen wieder ein normales Fellwachstum. Andere Zubereitungen, bei denen Cyclosporin A in Gegenwart klassischer Penetrationsvermittler wie Alkohol appliziert wurde, zeigten dagegen unter den gleichen Versuchsbedingungen keinen Effekt.


Eine Abwechselung zum wissenschaftlichen Teil der Tagung bot eine Führung im Kunstmuseum Bonn.


Qualitätssicherung dermatologischer Rezepturen


Dr. Bernd Fröhlingsdorf, Hilden, beschrieb die Anforderungen an Grundlagen und andere Ausgangsstoffe, die bei der Herstellung dermatologischer Rezepturen in Apotheken verwendet werden. In Deutschland werden derzeit etwa 2.000 Ausgangsstoffe für die Rezeptur gehandelt, von denen weniger als die Hälfte monographiert sind. Aufgrund der Marktbedingungen würden praktisch alle Ausgangsstoffe mit Prüfzertifikaten geliefert, so dass in den Apotheken nur noch die Identität geprüft werden muss. Diese Vorschrift betrifft auch Rezepturgrundlagen, die als Kosmetika oder andere Markenartikel im Handel sind.


Das Tagungsbüro wurde wie bei früheren GD-Jahrestagungen wieder von Anne Kresken geleitet. Unterstützt wurde sie bei dieser Aufagbe von ihrem Sohn Jan Kresken (links).

Die Qualitätssicherungskette beginnt beim Produzenten, der ein funktionierendes Qualitätssicherungssystem nachweisen muss und üblicherweise aufgrund seiner Herstellungserlaubnis nach §13 AMG regelmäßig überwacht wird. Sie reicht weiter über abpackende Unternehmen und Großhändler bis zur Apotheke, bei der letztlich aufgrund § 11 Apothekenbetriebsordnung die Verantwortung für die Qualität der Rezeptur liegt. Weitere Regelungen über Qualitätsanforderungen betreffen die Lagerung der Ausgangsstoffe, die Packmittel für Rezepturen und das Verbot zur Herstellung und Abgabe bedenklicher Arzneimittel.

Resorptionsuntersuchungen am perfundierten Kuheuter


Professor Dr. Manfred Kietzmann, Hannover, stellte das isoliert perfundierte Kuheuter vor, das von ihm bereits 1993 als Modell zur Untersuchung der Resorption von Stoffen durch die Haut entwickelt wurde. Dieses Modell erlaube bessere Aussagen als reine In-vitro-Modelle und besteche durch seine große Applikationsfläche und sein hohes Perfusionsvolumen. Die von Schlachthöfen stammenden Euter würden innerhalb einer Stunde nach Schlachtung eingesetzt und seien dann maximal 24 Stunden benutzbar.

Als Beispiel für die Verwendbarkeit des Modells präsentierte Kietzmann Ergebnisse von Untersuchungen zur perkutanen Resorption von Betamethason-17,21-dipropionat aus verschiedenen Dermatikagrundlagen, von Estradiol aus transdermalen therapeutischen Systemen sowie von Nonylphenol und Bisphenol A als toxikologisch relevanten Stoffen. Bei den Untersuchungen mit Betamethason-17,21-dipropionat zeigte sich, dass der Arzneistoff aus Salbengrundlagen mit und ohne Zusatz von Propylenglykol erwartungsgemäß stärker resorbiert wurde als aus einer Lösung, einer Creme und einem Gel. Nach vorheriger Schädigung der Hornschichtbarriere mit Aceton waren die Resorptionsraten bei allen untersuchen Formulierungen signifikant erhöht.

Chemokine als therapeutische Targets


Das Nachmittagsprogramm der Tagung, bei dem es um innovative Ansätze zur Behandlung und Vorbeugung von Hautkrankheiten ging, eröffnete Dr. Bernhard Homey, Düsseldorf. Er stellte in seinem Grundsatzreferat die Bedeutung der Chemokine in der Dermatologie, Allergologie und Onkologie vor. Chemokine sind kleine, den Zytokinen ähnliche Proteine, für die bisher 42 humane Liganden gefunden wurden. Sie binden an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und vermitteln die feste Adhäsion von Leukozyten an Endothelzellen und deren gerichtete Migration.

In der Dermatologie bieten sich Chemokine insbesondere zur Therapie T-Zell-vermittelter Erkrankungen wie Psoriasis und atopische Dermatitis an. Das hautspezifische Chemokin CCL27, das nur in epidermalen Keratinozyten gebildet wird, vermittelt durch Interaktion mit seinem spezifischen Rezeptor CCR10 die Rekrutierung hautinfiltrierender T-Zellen. In entzündeter Haut ist CCL27 überexprimiert.

Antagonisten oder Antikörper gegen CCL27 wären demnach potenzielle Arzneistoffe gegen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen der Haut. Außerdem wird versucht, die Chemokinmuster zu identifizieren, welche die organspezifische Metastasierung bei verschiedenen Tumorerkrankungen steuern. Chemokine beziehungsweise ihre Rezeptoren sind damit weit über die Dermatologie hinaus als therapeutische Targets interessant.

Neue Therapieoptionen durch TLR-Agonisten


Ein anderes innovatives Target wird dagegen bereits therapeutisch genutzt. Topische Immunstimulatoren wirken als Agonisten der Toll-Like-Rezeptoren (TLR), wie Professor Dr. med. Wolfram Sterry, Berlin, erläuterte. Physiologischerweise sollen TLR mikrobielle Strukturen erkennen, die an der Zelloberfläche exprimiert werden. Wird ein TLR angesprochen, setzt dieser Zytokine frei, die das Immunsystem in diesem Gebiet aktivieren. Bisher sind beim Menschen neun verschiedene TLR bekannt, die zwei verschiedenen Unterfamilien angehören.

Das zur topischen Behandlung von virusinduzierten Papillomen im Genitalbereich zugelassene Imiquimod ist ein Agonist für TLR-7 und TLR-8, die in dendritischen Zellen vorkommen. Die Substanz aktiviert Monozyten und vermittelt über Zytokine eine Entzündung. Das Immunsystem wird so wie durch ein Bakterium aktiviert und sorgt für die Abstoßung der betroffenen Zelle. In mehreren Studien wurde gezeigt, dass auch aktinische Keratosen und oberflächliche Basaliome auf eine topische Therapie mit Imiquimod ansprechen. Da die einzelnen TLR in unterschiedlichen Geweben für verschiedene Funktionen verantwortlich sind, verspricht das Konzept der TLR-Agonisten auch Anwendungsmöglichkeiten außerhalb der Dermatologie.


Die mehr als 200 Teilnehmer füllten den Hörsaal im BfArM-Gebäude fast bis auf den letzten Platz.


Professor Dr. med. Wolfram Sterry, zum Zeitpunkt der 7. GD-Jahrestagung amtierender Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, berichtete über neue Therapieoptionen durch Toll-Like-Rezeptor-Agonisten.

Wirkungsmechanismus von Fumarsäureestern



Neue Erkenntnisse zu einer etablierten Therapie stellte Professor Dr. med. Ulrich Mrowietz, Kiel, vor. Er berichtete über Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus von Fumarsäureestern, die zur systemischen Therapie der Psoriasis eingesetzt werden. Das in Deutschland zugelassene Tablettenpräparat enthält ein definiertes Gemisch verschiedener Fumarsäureester mit Dimethylfumarat (DMF) als Hauptkomponente.

Der DMF-Metabolit Methylhy-drogenfumarat (MHF) verändert die Zytokinsekretion von Lymphozyten. Die vielfältigen Effekte hemmen letztlich gemeinsam die Translokation des Transkriptionsfaktors NF?B, den die immunregulierenden Zellen zum Überleben benötigen. Unter der Therapie nimmt die Leukozytenzahl ab, doch wird dadurch erstaunlicherweise nicht die Infektanfälligkeit erhöht. Als weiterer Vorteil der Therapie könne die gute Langzeitsicherheit angesehen werden. Über Malignome sei bisher nicht berichtet worden.

Möglicherweise wird das Indikationsspektrum der Fumarsäureester künftig auf andere Th1-vermittelte Krankheiten auszuweiten sein. Da DMF offensichtlich nicht direkt an der Wirkung beteiligt ist, werde derzeit an der Entwicklung eines systemischen MHF-Monopräparates gearbeitet.

Immunmodulatorische Dermatotherapie


Aus neueren Erkenntnissen zu den immunologischen Ursachen verschiedener dermatologischer Erkrankungen lassen sich jetzt und in Zukunft neue therapeutische Strategien ableiten, erklärte Professor Dr. med. Thomas Luger, Münster. Dabei sind neue Entzündungshemmer, Immunmodulatoren, die so genannten „Biologicals" und die Zelltherapie zu unterscheiden.

Zu den Entzündungshemmern und Immunmodulatoren gehören neben den TLR-Agonisten und den Fumarsäureestern (siehe oben) auch Purin- und Pyrimidin-Synthesehemmer sowie Calcineurin-Inhibitoren beziehungsweise Immunmodulatoren wie Tacrolimus und Pimecrolimus. Letztere sind bekanntlich für die topische Therapie der Neurodermitis zugelassen und überzeugen durch ihre gute dermale Verträglichkeit. Wie erste klinische Studien zeigten, ist Pimecrolimus auch systemisch bei Psoriasis und atopischer Dermatitis wirksam.

Unter dem Begriff „Biologicals" werden rekombinante Proteine wie Interleukine, Interferone, monoklonale Antikörper und Fusionsproteine zusammengefasst. Sie sollen die Funktion der Antigenpräsentierenden Zellen, die T-Zell-Aktivierung, die Leukozytenadhäsion oder die Produktion von Zytokinen und Chemokinen steuern. Einige dieser Moleküle haben sich als sehr effektiv bei der Behandlung von entzündlichen Hauterkrankungen (Psoriasis) oder Hauttumoren (T-Zell-Lymphom) erwiesen.

Eine Zukunftsperspektive für die Behandlung von Melanomen bieten Impfstrategien auf der Basis von mit Tumorantigenen beladenen dendritischen Zellen. Der Wert verschiedener DNA-basierter Vakzinen wird derzeit in klinischen Studien untersucht.


Eine Übersicht über derzeitige und zukünftige Möglichkeiten der Behandlung von immunvermittelten Dermatosen gab Professor Dr. med. Thomas Luger, der derzeitige Generalsekretär der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.

Antiapoptotische Wirkung von Vitamin D3


Dr. Burkhard Kleuser, Berlin, erläuterte, warum Vitamin D3 in menschlichen Keratinozyten antiapoptotisch wirkt. Der aktive Metabolit von Vitamin D3, 1?,25-Dihydroxyvitamin D3, entfaltet seine Wirkung bei der Behandlung der Psoriasis vermutlich über die Bildung von Ceramiden. Da Ceramide die Apoptose fördern, sollte deshalb unter Einsatz von Vitamin D3 eigentlich die Apoptoserate steigen, doch ist das Gegenteil zu beobachten. Offenbar wirkt Vitamin D3 antiapoptotisch.

Die Ursache hierfür sieht Kleuser in der weiteren Metabolisierung der Ceramide, die unter dem Einfluss von Vitamin D3 zu antiapoptotisch wirksamem Sphingosin-1-phosphat umgewandelt werden. Bei Unterbindung der Bildung von Sphingosin-1-phosphat durch einen Inhibitor (N,N-Dimethylsphin-gosin) werden die antiapoptotischen Effekte von Vitamin D3 vollständig wieder aufgehoben.

Enzyme zur Reparatur UV-bedingter Hautschäden


Professor Dr. med. Jean Krutmann, Düsseldorf, Preisträger des erstmals vergebenen Dermopharmazie-Innovations-Preises (DIP), berichtete über Hautschäden durch UV-Strahlung und Perspektiven für ihre Reparatur. UVA- und UVB-Strahlung können unter anderem zu Präkanzerosen, Plattenepithel- und Basalzellkarzinomen führen, die fast ausschließlich durch DNS-Schäden vermittelt werden. Durch UV-Licht verbinden sich Pyrimidinbasen in den DNS-Strängen zu Cyclobutanpyrimidindimeren.

Die physiologische Reparatur dieser Schäden ist sehr komplex und kann zum Beispiel durch das vom Menschen nicht gebildete Enyzm Endonuklease V erleichtert werden. Durch äußerliche Anwendung dieses Enzyms, das in Form einer liposomalen Zubereitung verfügbar ist, lassen sich die immunsupprimierenden Effekte der UVB-Strahlung verringern. An Mäusen konnte damit das Auftreten von Hautkrebs nach UV-Bestrahlung dosisabhängig vermindert werden. Auch bei Patienten mit Xeroderma pigmentosum, die krankheitsbedingt ein etwa 1000fach erhöhtes Hautkrebsrisiko haben, sank die Häufigkeit von aktinischen Keratosen und Basalzellkarzinomen deutlich.

In Zukunft könnte sich die topische Applikation von DNS-Reparaturenzymen insbesondere in Verbindung mit TLR-Agonisten und COX-Inhibitoren zueinem aussichtsreichen Präventionskonzept für UV-bedingte Hautschäden entwickeln.


GD-Mitglied Professor Dr. med. Dr. h.c. Thomas Ruzicka (rechts), Direktor der Hautklink der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, war nicht nur wissenschaftlicher Tagungsleiter der 7. GD-Jahrestagung, sondern hatte auch einen exzellenten jungen Pianisten zum Auftakt des Symposiums „Topische Immunmodulatoren“ im Gästehaus Petersberg engagiert.

Verträglichkeitsprüfungen ohne Tierversuche



Über die Validierung von In-vitro-Methoden als Ersatz für Tierversuche berichtete Professor Dr. med. Horst Spielmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Tierversuche sind einerseits behördlich vorgeschrieben, da sie dem Schutz von Arbeitskräften und Verbrauchern beim Umgang mit diversen Stoffen dienen und zur Beurteilung schädlicher Eigenschaften seit langer Zeit etabliert und bewährt sind. Andererseits gebietet es der Tierschutz, diese Versuche zu ersetzen.

Seit 1986 bestimmt eine EU-Richtlinie, dass Tierversuche unzulässig sind, sobald eine validierte Alternativmethode zur Verfügung steht. Für Tests von kosmetischen Fertigprodukten sind Tierversuche in Deutschland seit 1987 und in der gesamten EU seit 2003 verboten. Doch bleibt offen, ob die im Februar 2003 verabschiedete 7. Änderung der EU-Kosmetikrichtlinie voll umsetzbar sein wird, wonach in zehn Jahren auch für neue kosmetische Rohstoffe keine Tierversuche mehr zulässig sein sollen.

Inzwischen gibt es Beispiele dafür, dass sicherheitstoxikologische Tierversuche durch tierversuchsfreie Methoden ersetzt werden können. Diese Tests müssen zum Nachweis ihrer Reproduzierbarkeit und Zuverlässigkeit ausreichend experimentell validiert werden. Nach erfolgreicher Validierung hat die OECD inzwischen bestimmte In-vitro-Tests zur Prüfung der Phototoxizität, der Ätzwirkung an der Haut, der Hautpenetration, der Sensibilisierung der Haut und der Embryotoxizität anerkannt. Validierte Ersatzverfahren zur Prüfung der Augenreizung und der Hautreizung sollen bis 2006 zur Verfügung stehen.

Aktivierung der endogenen Harnstoffsynthese



Wie die Harnstoffsynthese in Keratinozyten stimuliert werden kann, erklärte Privatdozent Dr. med. Johannes Wohlrab, Halle/Saale. Diese Synthese ist bei atopischer Dermatitis, Psoriasis und anderen Hautkrankheiten vermindert. Eine exogene Harnstoffsubstitution erhöht zwar die Wasserbindungskapazität und die Hydratation des Stratum corneum, doch halten diese Effekte nur so kurz an, dass eine mehrmals tägliche Anwendung erfolgen muss. Von daher liegt es als Therapiekonzept nahe, die endogene Harnstoffproduktion anzuregen mit dem Ziel, eine länger andauernde Wirkung zu erreichen.

Wie die Harnstoffsynthese in Keratinozyten stimuliert werden kann, erklärte Privatdozent Dr. med. Johannes Wohlrab, Halle/Saale. Diese Synthese ist bei atopischer Dermatitis, Psoriasis und anderen Hautkrankheiten vermindert. Eine exogene Harnstoffsubstitution erhöht zwar die Wasserbindungskapazität und die Hydratation des Stratum corneum, doch halten diese Effekte nur so kurz an, dass eine mehrmals tägliche Anwendung erfolgen muss. Von daher liegt es als Therapiekonzept nahe, die endogene Harnstoffproduktion anzuregen mit dem Ziel, eine länger andauernde Wirkung zu erreichen.

Hornschichthydratation und UV-Empfindlichkeit


Die Frage, ob hydratationsfördernde Externa die UV-Empfindlichkeit der Haut verstärken, ist bis heute nicht abschließend beantwortet. Studien, in denen der Einfluss solcher Externa auf die Effizienz von UV-Bestrahlungen in der Psoriasistherapie untersucht wurde, ergaben widersprüchliche Ergebnisse. Ungeklärt ist bis heute auch, ob durch eine Hydratation der Haut die UV-bedingte Hautalterung beschleunigt wird.

Zur Klärung dieser Frage wurde im Arbeitskreis von Professor Dr. med. Martina Kerscher, Hamburg, eine Pilotstudie durchgeführt, deren Ergebnisse Dr. med. Tilmann Reuther vorstellte. In dieser Studie wurde an zehn hautgesunden Probanden der Einfluss der Salbengrundlage Unguentum emulsificans mit unterschiedlich hohem Wassergehalt auf die UVB-Empfindlichkeit der Haut geprüft. Dabei ergaben sich weder für die abgelesene mittlere minimale Erythemdosis (MED) noch für den Erythemsummenscore signifikante Unterschiede gegenüber der unbehandelten Kontrolle.

Aus den Ergebnissen dieser Studie kann somit nicht auf eine Erhöhung der UVB-Empfindlichkeit der Haut nach Applikation hydratationsfördernder Externa geschlossen werden. Die Allgemeingültigkeit dieses Befunds muss jedoch in weiteren Untersuchungen mit anderen Grundlagen und höheren Probandenzahlen überprüft werden.


Privatdozent Dr. med. Johannes Wohlrab, wissenschaftlicher Leiter der 8. GD-Jahrestagung am 30. und 31. März 2004 in Halle/Saale, stellte Möglichkeiten zur Aktivierung der keratinozytären Harnstoffsynthese vor.

Dermatotherapie am Wendepunkt


In seinem zusammenfassenden Schlusswort zur 7. GD-Jahrestagung konstatierte der stellvertretende GD-Vorsitzende Professor Dr. med. Hans Christian Korting, München, dass die Behandlung von Hautkrankheiten offensichtlich an einem Wendepunkt steht. Während viele innovative Konzepte wie Biologicals, Gentherapeutika und neue komplexe Wirkstoffträger über lange Zeit kontrovers diskutiert worden seien, stünden sie nun kurz vor der Markteinführung.

Bedauerlicherweise finde die Entwicklungskette solcher Pharmaka jedoch kaum noch in Deutschland statt. Die dafür notwendigen Strukturen seien in den zurückliegenden zwanzig Jahren weitgehend verlorengegangen. Neue dermatologische Wirkstoffe würden heute vorrangig in den USA und in Japan, teilweise auch noch in der Schweiz und in Österreich, aber nicht mehr in Deutschland entwickelt.

Zusammenfassungen von allen Vorträgen, die auf der 7. GD-Jahrestagung gehalten wurden, finden sich unter der GD-Homepage (www.gd-online.de).

Vom Molekül zur Zulassung

Die GD-Fachgruppe Dermatopharmakologie präsentierte sich bei der 7. GD-Jahrestagung mit einem Symposium unter dem Titel „Vom Molekül zur Zulassung", das Themen entlang der ganzen pharmazeutischen Entwicklungs- und Wertschöpfungskette, die neue Dermatika durchlaufen, umfasste.

Am Beispiel der Wundheilung erläuterte Dr. Andreas Goppelt, Neuried, wie sich bei der Suche nach neuen dermatologischen Wirkstoffen die Fortschritte der Gentechnik nutzen lassen. Im Verlauf des Wundheilungsprozesses werden Hunderte von Genen aktiv, die zu 85 Prozent zwischen Mensch und Maus übereinstimmen. Durch Vergleich der Genaktivierungsprofile an Gewebeproben von hautgesunden Probanden und von Erkrankten mit chronischen Wunden lassen sich die für die Wundheilung maßgeblichen Gene identifizieren, die es schließlich durch Gentransfer zu übertragen und zur Förderung der Wundheilung einzusetzen gilt.

Professor Dr. Gregor Cevc, München, veranschaulichte das Konzept der so genannten Transfersomen®. Dabei handelt es sich um innovative Träger für topisch applizierte Wirkstoffe. Sie passen ihre Form der Umgebung an und ermöglichen einen besseren Transport von Arzneistoffen in die Haut als Trägersysteme mit starren Strukturen. Wie In-vitro-Versuche mit dem Glukokortikoid Triamcinolonacetonid gezeigt haben, könnte so mit einem Zehntel der Dosis der gleiche klinische Effekt wie mit einer herkömmlichen Zubereitung erzielt werden. Bisher hat das Konzept aber erst klinische Prüfungen der Phase II erreicht.

Durch den anhaltenden Trend zu immer mehr systemisch wirksamen Substanzen in der Dermatologie steigt der Bedarf an effektiven klinischen Prüfstrategien. Um den zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Zulassung solcher Dermatika in vertretbarem Rahmen zu halten, biete sich das Konzept flexibler klinischer Studien an, erklärte Dr. Dr. Wolfgang Greb, Neuss. Dieses Konzept beruht auf mehreren vorgeplanten Interimsanalysen, deren Ergebnisse das weitere Studienprogramm nach einem zuvor festgelegten Plan bestimmen. Bei guter Planung könne eventuell eine einzige Studie ausreichen, um eine Zulassung zu erhalten. Die Zulassungsbehörden seien prinzipiell für solche Konzepte aufgeschlossen. (tmb/jk)

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